Michael Lützel im Fokus
Zu der Zeit, in der Michael Lützel am Mittwochabend bei der 3:4-Niederlage des Bezirksligisten 1. FC 08 Haßloch im Achtelfinale des Fußball-Verbandspokals Südwest gegen den Verbandsligisten SV Morlautern das 08-Tor hütete, liegt er normalerweise schon im Bett. Der Arbeitstag des gelernten Bäckers beginnt oft schon gut eine Stunde nach Mitternacht, weshalb die Nachtruhe für ihn oft bereits endet, wenn sich manch anderer erst hinlegt. „Ich arbeite inzwischen seit zwölf Jahren in diesem Beruf. Meine Arbeitszeiten sind entweder von 1. 15 – 10.00 oder 2.30 – 11 Uhr“, informiert der Torwart, der in allen sechs Verbandspokalspielen, welche der FC in dieser Saison bestritt, zum Einsatz kam. „Das ist zwar hart, aber man gewöhnt sich daran. Viele verstehen zwar nicht, dass ich das gerne mache, aber man muss bedenken, dass ich nach Feierabend fast noch den ganzen Tag genießen kann“, erklärte er. „Ich fühle mich als Retter der Nacht und Held des Morgens für die Leute, die dann zur Arbeit gehen“, philosophierte der Haßlocher.
Der Bäckerberuf sei für ihn nicht einfach nur eine Tätigkeit, um Geld zu verdienen, sondern auch Berufung. „Mich hat schon immer interessiert, wie Brot, Kuchen und Torten hergestellt werden, von der Herstellung über die Verarbeitung der Zutaten bis zu den Backvorgaben“, erklärte Lützel. Toll sei es auch, zu einer Haßlocher Traditionsbäckerei, die seit 1962 bestehe, zu gehören. Aus den Gesprächen mit dem Chef erfahre er auch, wie alles früher gemacht worden sei. Dadurch erhalte er auch von alten Rezepten Kenntnis. „Je mehr ich solche alten Geschichten höre, desto mehr macht mir dieser Beruf Spaß. Der Bäckerberuf ist noch echtes Handwerk“, ergänzte er.
Vorgestern Abend hatte nicht viel zu gefehlt, um mit seinen Mannschaftskamaraden wie deren Vorgänger 1987 und 1996 in das Verbandspokal-Viertelfinale einzuziehen. Trotz miserablen Wetters kamen 250 Zuschauer zum FV 1921 Haßloch, wo die 08 mangels Flutlicht auf eigenem Gelände bereits zum dritten Mal in Folge ein Pokalspiel austrugen. Von diesen glaubten nach der ersten Hälfte nur wenige, dass die Haßlocher den klar favorisierten Verbandsligisten aus Kaiserslautern noch an den Rand einer Niederlage bringen würde, denn da führten die Gäste verdient mit 2:0. Das Team von Trainer Daniel Graf zelebrierte bis zur Pause einen ebenso schön anzusehenden als effektiven Fußball, den man in der Bezirksliga kaum sieht. Beeindruckend war vor allem, dass die Westpfälzer mit ganz wenigen Ballkontakten ihre Angriffe vortrugen, dies aber nicht wie in unteren Spielklassen üblich mit langen Bällen, sondern mit präzisen Flachpässen. So entstanden auch deren ersten beiden Treffer. In der 16. Minute wurde Tobias Leonhard nach einem tollen Morlauterer Spielzug von Levin Lambert im Haßlocher Strafraum gefoult, und Ricky Pinheiro Coutinho verwandelte den anschließenden Foulelfmeter zum 1:0 (20.). Lützel kam mit den Fingern noch an den Ball, aber ohne dessen Richtung entscheidend verändern zu können. Vierzehn Minuten später war Quincy Henderson auf der rechten Seite nicht zu stoppen und überwandt Lützel mit dem Treffer zur 2:0-Halbzeitführung. Frustrierend für die 08er war, dass die Gästeabwehr auch so sicher stand, dass diese bis zum Halbzeitpfiff keine einzige Haßlocher Torchance zuließ.
Dass sich das Spiel in der zweiten Hälfte noch zu einem echten Pokalkrimi entwickeln sollte, leitete Serkan Toker sechs Minuten nach dem Wiederanpfiff ein, indem er die erste 08-Chance des gesamten Spiels mit einem Schuss von rechts zum 1:2-Anschlusstreffer abschloss. Bei den Gastgebern ging nun ein richtiger Ruck durch die Mannschaft. Sie merkten: Auch gegen diesen scheinbar übermächtigen Gegner geht etwas! Dass die Gäste nur drei Minuten später nach einem von Lützel verursachten Foulelfmeter ihren Vorsprung wieder auf zwei Tore ausbauen sollten, änderte daran nichts.
In der 59. Minute trugen die Morlauterer jedoch selbst dazu bei, dass es noch einmal spannend werden sollte. Nach einem Zweikampf zwischen Patrick Coenen und Maximilian Riehmer ging Coenen zu Boden, Schiedsrichter Kisanet Zekarias von der TSG Bretzenheim pfiff Elfmeter, und Riehmer ließ sich zu einer Tätlichkeit an Coenen, die ihm die Rote Karte einbrachte, hinreißen. Jannis Faust verwandelte anschließend gewohnt sicher den Strafstoß zum 2:3, wonach die 08er nicht mehr zu halten waren. Mit enormem Kampfgeist drängten die 08er ihren zwei Klassen höher angesiedelten Gegner in die Defensive und kamen zehn Minuten vor Schluss mit Coenens Fallrückzieher zum 3:3. Die Sensation schien nun nahe, aber zwei Minuten nach dem Ausgleich senkte sich ein Kopfball von Markus Happersberger für Lützel unglücklich zum 4:3 ins 08-Gehäuse. Torben Hubach bot sich anschließend noch die Chance zum 4:4, aber sein Kopfball verfehlte das Gästetor.
Am Sonntag, 15.30 Uhr, gastieren die Haßlocher in ihrem nächsten Bezirksligaspiel beim FC Lustadt, der mit einem Punkt Vorsprung auf die 08er den fünften Tabellenplatz belegt. Michael Lützel wird dieses Spiel wahrscheinlich von der Ersatzbank verfolgen müssen, denn in Bezirksligaspielen erhält grundsätzlich Sebastian Kaiser den Vorzug. Nach dem Spiel muss Lützel jedenfalls bald wieder ins Bett, denn etwa neun Stunden nach dem Abpfiff ruft wieder die Backstube. Für die Nacht nach dem Pokalspiel gegen Morlautern nahm er sich frei (jh).
Foto: Lützel (frei)