Nordamerikanisches System „Psychopathy-Index“ soll Licht ins Dunkel bringen – Ramazan G. schreibt Bitt-Briefe an die Redakteurin von NACHRICHTEN REGIONAL
Der Gerichtsgutachter, Prof. Dreßing, hat es nun in der Hand, den Frankenthaler Richtern ein GUTACHTEN vorzulegen, damit über die Sicherheitsverwahrung des als Mörder verurteilten Ramazan G. im Mordfall des Ludwigshafener Unternehmers Ismail TORUN neu entschieden werden kann. Es geht allerdings nicht um den Mord als solches, es geht um die Sicherheitsverwahrung nach der lebenslangen Haftstrafe des Beschuldigten. Und zwar, ob er nach der Verbüßung von 15 Jahren frei kommt, oder wegen seiner Gefährlichkeit in Haft bleiben muss. Mit diesem Gutachten soll Dreßing feststellen, wie psychopathisch und gefährlich der Verurteilte ist.
Professor Dreßing lehrt an der Heidelberger Uni und ist gleichzeitig Chef der Straftäter-Abteilung am Mannheimer Zentralinstitut für seelische Gesundheit (ZI). Auch Professor Fritz Henn, ein amerikanischer Psychiater war Chef am ZI und vorwiegend in der Forschung tätig. Er leitete von 1994 bis 2006 das Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim und war ein besonderer Experte im Gebiet der Psychiatrie. Fritz A. Henn kam von der State University of New York at Stony Brook an das renommierte Institut nach Mannheim, das zur Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg gehört. In einer Pressemeldung teilte die Uni Heidelberg kurz nach seiner Bestellung als Chefarzt mit: „Wer Henns Werdegang und sein wissenschaftliches Weltbild vor Augen hat, braucht kein Prophet zu sein, um dem Zentralinstitut einen tiefgreifenden Wandel vorauszusagen“. Da sich der Verurteilte Ramazan G. bisher weigerte, sich von Professor Dreßing begutachten zu lassen, muss er nun sein Gutachten per Aktenlage durchführen. Doch Viele glauben, dass dies für eine Begutachtung einer psychischen Störung nicht ausreicht. Einige Fachleute, mit denen unsere Redakteurin sprechen konnte, sind sogar sicher, dass nicht alle Schriftstücke in den Gerichtsakten der Wahrheit entsprechen. Nun sollen gerade diese Unterlagen, die der Verurteilte mit Behörden oder anderen Personen geführt hatte Aufschluss darüber geben, um Ramazan G. als „Psychopathen“ einzustufen. Und das nur, weil er sich in all den Jahren mit Beschwerdebriefen an verschiedene Behörden und Personen gewandt hatte.
Wird also die Feststellung von dem Gutachter gemacht und dokumentiert, dass der Verurteilte ein „Psychopath“ nach seinem Punkte-System des Psychopathy-Index ist, also immer noch als gefährlich eingestuft wird, müsste er vermutlich in der Sicherheitsverwahrung bleiben. Nach einigen Anrufen des Inhaftierten und Übersendung neuerlicher Unterlagen an unsere Redakteurin, soll Nachrichten Regional nochmals der Sache nachgehen. Auch wurde uns mitgeteilt, dass am 22. April, 13 Uhr die letzte Verhandlung beim Landgericht Frankenthal stattfindet. An diesem Tage wird die Entscheidung von Richter Sauermilch fallen, ob der als Mörder Verurteilte nach 15 Jahren auf freien Fuß kommt, oder ob er in Sicherheitsverwahrung bleiben muss. Keine leichte Entscheidung eines Richters, auch wenn eine solche Empfehlung des Gutachters vorliegt.
Doch wer liefert den Beweis, was ein wirklicher Psychopath ist? In einem Bericht des SWR1 vom 31.08.2022 beschreibt Professor Dominik Schwarzinger die Charaktereigenschaften wie folgt: „Überheblichkeit, fast schon egozentrische Überhöhung des Selbst, Überhöhung der eigenen Ansprüche und Bedürfnisse, sehr dominantes Auftreten, hohe Ansprüche gegenüber anderen Menschen, emotionale Härte gegenüber anderen, ausbeuterisches Verhalten, Höchstwahrscheinlich nie ehrenamtlich aktiv gewesen, weil ihm das nichts bringt“. Professor Schwarzinger ist an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin tätig. Schwarzinger verrät: „Eine Psychopathie bei Erwachsenen ist nicht heilbar. Es liegt tief im Hirn, in der Hirnanatomie. Diese auch in der Neurochemie sichtbare Abweichungen eines normalen Menschen sind weder durch Medikamente noch durch chirurgische Eingriffe änderbar. Schon gar nicht durch Psychotherapie“. Gleichzeitig gibt er Tipps gegenüber dem Sender: „Wenn möglich, verlassen Sie die Situation und brechen Sie jeden Kontakt ab. Wenn Sie einen psychopathischen Chef haben, denken Sie – wenn möglich – darüber nach, die Arbeitsstelle zu wechseln, Suchen Sie sich Unterstützung im Familien-, Freundes- und/oder Kollegenkreis. Stellen Sie sich nicht alleine der psychopathischen Person, dokumentieren Sie Verfehlungen und das Verhalten der Person“, https://www.swr.de/swr1/swr1leute/dominik-schwarzinger-psychologe-raus-aus-der-opferrolle-100.html.
Auch der ehemalige Chef des Zentralinstituts für seelische Gesundheit, Prof. Fritz Henn, hat sich lange Jahre mit den Charaktereigenschaften solcher Menschen befasst. Erst nach seiner Ausbildung als Biophysiker hat er die Liebe zur Erforschung der Seele entdeckt. Mit seiner Doktorarbeit über zweilagige Lipid-Membranen, die er in der Abteilung von Albert Lehninger an der Johns Hopkins University in Baltimore schrieb, wurde sein Interesse für Nervenzellen und Neurobiologie geweckt. Laut WIKIPEDIA beschäftigte er sich mit der Frage „Wie kommunizieren Neuronen im Gehirn?“ und wechselte mit dieser Forschungsaufgabe an die University of Virginia. Während eines Forschungsaufenthalts in Schweden beschäftigte sich Henn mit intrazellulären Kommunikationsmechanismen zwischen Nervenzellen und Astrozyten. Am ZI wurden zu seiner Zeit als Chefarzt auch Behandlungen mit Elektroschocks, also das EKT-Verfahren mit guten Ergebnissen angewandt. Es wird als Alternative zu Psychopharmaka eingesetzt, https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Henn_(Mediziner).
In einem Vorwort im „Handbuch der Psychopharmakotherapie“ von 2007 (Springer Medizin Verlag Heidelberg, ISBN-13 978-3-540-20475-6) steht geschrieben „Die Entdeckung der Psychopharmaka und ihre Einführung in die Behandlung psychiatrisch Erkrankter stellt eine der größten Innovationen der gesamten Medizin dar. Dass man mit chemischen Substanzen Geisteszustände beeinflussen kann, war schon in der Antike bekannt. Auf die ersten Arzneimittel, mit denen psychische Leiden erfolgreich behandelt werden konnten, musste aber bis in die 1950-er Jahre gewartet werden, als französische und Schweizer Pharmakologen und Psychiater Substanzklassen identifizierten und erprobten, die noch heute das Grundkonzept der Psychopharmakologie darstellen. Die ersten Psychopharmaka lösten eine grundlegende Wandlung des wissenschaftlichen Denkstils in der Psychiatrie aus und hatten segensreiche Auswirkungen auf die Art des Umgangs mit psychiatrischen Patienten“, siehe https://content.e-bookshelf.de/media/reading/L-11619-ec117853f1.pdf
Nach all diesen Erkenntnissen, die auch ein Gutachter bei seiner Beurteilung im Mordfall TORUN für den Beschuldigten zugrunde legen sollte, bevor er einem Verurteilten den Stempel „Psychopath“ aufdrückt und ein Richter als „Nichtfachmann“ dies auch juristisch bestätigen muss, sollte sorgsam überdacht werden, ob eine Begutachtung alleine nach Aktenlage ausreicht, um den Verurteilten in die Sicherheitsverwahrung „wegzusperren“? Inzwischen liegen unserer Redaktion unzählige Unterlagen von vielen Einzelfällen vor, wo Menschen wegen einer falschen Begutachtung jahrelang ungerecht im Gefängnis saßen.
Mit Spannung wird jetzt schon der Ausgang über die Sicherungsverwahrung im Mordfall TORUN beim Landgericht Frankenthal erwartet. Und vor allem, welche Maßstäbe der Gutachter zugrunde legte, damit seine Empfehlung von Richter SAUERMILCH auch übernommen wird. Vor allem sollte es noch juristisch möglich sein, auch gegen ein „falsch“ erstelltes Gutachten Rechtsmittel einzulegen.
Die letzte Verhandlung findet am Montag, den 22. April 2024, 13.00 Uhr, beim Landgeriht Frankenthal statt.