Lobbyisten entscheiden über wichtige Vorhaben im Deutschen Bundestag
Es war schon immer so: Wer Geld hat, hat die Macht, und wer die Macht hat, regiert die Welt. Ein altes Sprichwort, das auch heute noch Gültigkeit hat, egal, wie man es umschreibt. Und bei diesem Thema hat es der Journalist der RHEINPFALZ, Hartmut Rodenwald, der in der vergangenen SONNTAGSAUSGABE einen interessanten Bericht geschrieben hat, auf den Punkt gebracht. Er hat mit seinem Beitrag „Die Einflüsterer“ „Lobbyismus“ aus vielen Sichtweisen beschrieben. Denn Rodenwald schreibt, „sie drängen nicht vor die Kamera, sprechen nicht in jedes Mikrophon, aber sie sind da, da wo die vom Volk Gewählten zusammenkommen, da wo Gesetze beschlossen werden, nämlich in Brüssel, Berlin und in Mainz“. Lobbyisten seien allgegenwärtig, und zwar zu Tausenden und seien Teil der politischen Entscheidungsprozesse.
Und das ist so: Das war schon vor 100 Jahren so und so wird es auch immer bleiben. Mit dem Unterschied: Lobbyismus muss noch transparenter werden. Denn es fragen sich mittlerweile viele Bürgerinnen und Bürger: wer sind diese Lobbyisten, die im Bundestag ein- und ausgehen? Still und heimlich? Und voller Entscheidungskraft!
Ist Lobbyismus „die fünfte Gewalt“?
In einer Veröffentlichung der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg taucht auch die Frage auf: Ist Lobbyismus in unserer Gesellschaft bereits die fünfte Gewalt? Darin heißt es weiter: „In Berlin, Brüssel und in den Landesparlamenten versuchen Tausende Interessengruppen Einfluss auf Entscheidungsträger auszuüben. Das ist nichts Neues: Lobbygruppen, die ihre Interessen gegenüber der Politik und der Gesellschaft vertreten, gehören zur Demokratie dazu. Diese Art der Einflussnahme ist sogar im Rahmen des Grundgesetzes in der Bundesrepublik und auch in der Verfassung anderer Länder geschützt. In Deutschland geschieht dies zum Beispiel über verschiedene Grundrechte wie das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG), das Recht auf Demonstration (Art. 8 GG), das Recht auf Zusammenschluss (Vereinigungsfreiheit, Art. 9 GG) sowie das Recht auf politische Partizipation (z. B. Petitionsrecht, Art. 17 GG).
Lobbyisten werden bisweilen auch „Einflüsterer“ genannt. Sie bieten Politikerinnen und Politikern ihr branchenspezifisches Fachwissen an – und fordern dafür umgekehrt Einfluss auf Debatten und Gesetze. Vor allem Branchen mit starken Lobbyverbänden haben inzwischen sehr viel Macht und üben einen großen Einfluss auf politische Entscheidungen in Berlin oder Brüssel aus. Die Politikwissenschaftler Thomas Leif und Rudolf Speth sehen Lobbyismus gar als die „fünfte Gewalt“ in Deutschland (Quelle: Thomas Leif/Rudolf Speth: Die fünfte Gewalt). Andere Fachleute kritisieren diesen Begriff allerdings als zu übertrieben“. Im Grundsatz gehe es um die Frage, ob sich Entscheidungen in der Politik am Gemeinwohl oder an partikularen Interessen orientieren. Ist Lobbyismus eine „stille Macht“ (Leif/Speth), geht die Frage weiter, die das Gleichheitsversprechen der liberalen Demokratie untergräbt, weil eben nicht alle Bevölkerungs- und Interessengruppen gleich viel Einfluss ausüben könnten (Quelle: Zeit online)?
Immer wieder forderten deshalb nicht nur Korruptionsexpertinnen und -experten, sondern auch Politikerinnen und Politiker strengere Vorgaben gegen Lobbyisten, heiißt es weiter in der Aufklärungsbroschüre der Landeszentrale für Politische Bildung Baden-Württemberg.
Es wird in diesem Zusammenhang auf den Jüngster Lobby-Skandal, die Maskenaffäre der beiden Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) sowie des bayerischen Landtagsabgeordneten und ehemaligen bayerischen Justizministers Alfred Sauter (CSU) verwiesen, die sich während der Corona-Pandemie bei der Beschaffung von Masken persönlich bereichert haben sollen (Quelle: spiegel.de). Im Jahr 2020 habe der Fall des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor für Aufsehen gesorgt. Amthor soll sich für ein amerikanisches Start-up-Unternehmen eingesetzt und im Gegenzug Aktienoptionen und einen Direktorenposten erhalten haben. Diese Affäre sei mit ein Auslöser dafür gewesen, dass sich die Große Koalition auf die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters verständigt habe. Ende März 2021 wurde ein Gesetz zur Einführung eines Lobbyregisters im Deutschen Bundestag verabschiedet. Seit 1. Januar 2022 gibt es das Lobbyregister. In Rheinland-Pfalz hat der Landtag erstmalig bereits am 8. Dezember 2011 für die Geschäftsordnung der 16. Wahlperiode die Einführung eines Lobbyistenregisters beschlossen. Interessierte können auch das gesamte Lobbyregister des Deutschen Bundestages einsehen.
Foto: Charles W. Saalburg (WIKIPEDIA)