von Christine Kern, Giesenhausen
Unsere Redaktion hat heute einen Leserbrief wegen der Buchneuerscheinung von Oberstaatsanwalt Ralph Knispel von einer Leserin erhalten. Sie schreibt: „Auf dieses Buch bin ich gespannt! Tausende Justizgeschädigte – unter anderem ich – kämpfen seit Jahren um ihre Rechte und gegen Windmühlenflügel. Die Politiker wollen doch die Missverhältnisse in der Justiz gar nicht abschaffen. Grund: diese Elendsjustiz – so kann man sie wirklich nennen – bringt der Staatskasse sehr viel Geld ein. Die Rechte der Bürger spielen da keine Rolle.
Ich habe selbst mit dem Landtagspräsidenten von RLP, Herrn Hering, darüber gesprochen. Er hat auch Jura studiert und kennt die Mißstände ganz genau. Er meint, 2.000 neue Richterstellen würden das Problem lösen. Ich meine: das ist so, als würde man einen Eimer ohne Boden mit Wasser füllen. Denn viele Richter entziehen durch ihre lukrativen Nebentätigkeiten dem System selbst die Kapazität. Und das ist noch die geringste ihrer Verfehlungen, die teilweise drastisch sind.
Die Polizei, auf die die Staatsanwaltschaft angewiesen ist, ist keineswegs unterbesetzt. Schon 1995 hat die Gewerkschaft der Polizei bei Kienbaum & Partner eine Studie in Auftrag gegeben, die die Unterbesetzung der Polizei nachweisen sollte. Ergebnis: die Polizei war nicht unterbesetzt, nur uneffektiv eingesetzt, weil sie sich um bestimmte unbeliebte Schichten drückte, während sich zu angenehmen Arbeitszeiten alle auf den Füßen standen. Dennoch wurde sie munter immer weiter personell aufgestockt, geschult, und mit Mitteln ausgestattet, die die Staatsanwälte nicht haben. Derweil breitet sich in Reihen der Polizei Kriminalität aus.
Die Probleme bei Polizei und Justiz kann man einfach auf den Punkt bringen: 1. Uneffizienz, 2. Anwesenheitsprämie, 3. Fehlende objekte Kontrolle, jeder deckt den anderen. Zu deutsch: Keine Motivation, keine Prüfung auf charakterliche Eignung, Quantität statt Qualität – und Zugehörigkeit zu einer Krähen – Kaste, in der jeder die Verfehlungen des anderen deckt. Von Polizisten bis hin zu Richtern sind alle Akteure beteiligt.
Die Staatsanwaltschaft ist auf die Polizei einerseits und die Richter andererseits angewiesen. Was dazu führt, dass sie gegen beide Berufsgruppen Ermittlungen verweigert, seien sie auch noch so berechtigt. Diesbezüglich müsste sich Herr Knispel selbst einmal kritisch hinterfragen.
Ich habe am eigenen Leib erlebt, womit sich seine Kollegenschaft aus Koblenz beschäftigt und womit nicht. Das hat mir nicht den Eindruck vermittelt, dass die Staatsanwaltschaft unterbesetzt sei. Denn wer 12 mal gegen eine Unschuldige – in diesem Falle mich – ermittelt und sie genauso oft anklagt, und dann auch noch genauso oft auf den Bauch fällt, während andernorts Verbrechen nicht aufgeklärt werden, der kann nicht überarbeitet sein. Sonst hätte er für solche „neuzeitliche Christenverfolgung“ keine Zeit. Im gleichen Zeitraum wurden übrigens 45 Straftaten gegen mich nicht aufgeklärt, darunter 19 Einbruchdiebstähle. Polizisten aus der VG Asbach kamen erst zu den Tatorten, nachdem ich Innenminister Lewentz angeschrieben hatte. Und dann nach dem Motto: „Wir sind dumm, aber da.“ Direkt an die Staatsanwaltschaft Koblenz gerichtete Strafanzeigen von mir führten trotz Beweismitteln nicht zu Ermittlungen. Obwohl schon diverse Akten einseitige Ermittlungen auf den ersten Blick erkennbar waren.
Täter statt Opfer von Straftaten verfolgen, wäre aus meiner Sicht für Staatsanwälte ein großer Schritt in die richtige Richtung“.
Christine Kern, Giesenhausen