Seine Aussage: „Kein Mensch kann ausschließen, dass sich unter Flüchtlingen auch radikale Potentiale mischen“ – Politikmagazin „Zur Sache Rheinland-Pfalz“ am Donnerstag, 19.11.2015 um 20.15 Uhr im SWR-Fernsehen
Mainz. Gegenüber dem landespolitischen Fernsehmagazin des SWR „zur Sache Rheinland-Pfalz“ sagte der Islam- und Politikexperte des Landeskriminalamtes in Mainz, Marwan Abou-Taam, dass der sogenannte Islamische Staat (IS) eine starke Anziehungskraft auf gefährdete Jugendliche ausübe. Wörtlich habe er gesagt: „Das ist sehr stark sogar, zunehmend stark. Diese Stärke ergibt sich natürlich aus den Erfolgen von IS. Jetzt könnte man sagen, wir bekämpfen IS effektiv und dann haben wir das Problem nicht mehr. Und quasi die Erfahrung ist: Al-Qaida existierte und man war überzeugt, wenn Al-Qaida schwach wird, dann gibt es keine Zugkraft. Dann haben wir sehr schnell feststellen müssen, nach der Schwächung von Al-Qaida entsteht IS. Das heißt, hier geht es grundsätzlich um das Problem der Integration von Muslimen in der westlichen Gesellschaft. Das ist eine Komponente. Und die andere Komponente: Wie geht man innerhalb der Welt des Islams mit solchen radikalen Ideologien, die sich auf die Religion beziehen, um?“
Zur Problematik, dass durch die Flüchtlingskrise viele Menschen im Land leben, die nicht erkennungsdienstlich erfasst sind, sagte der LKA-Experte:
„Kein Mensch kann ausschließen, dass sich unter Flüchtlingen auch radikale Potentiale mischen. Ich würde diese beiden Themen aber getrennt voneinander behandeln, denn es ist ja nicht so, dass die Flüchtlinge das Problem produzieren, sondern wir haben Radikalisierungsprozesse die hier gestartet werden. Hier ist jetzt interessant, in wie fern wir erkennen und wissen, wer einreist, wie er einreist und weswegen er einreist. Quasi da müssen wir uns tatsächlich verbessern. Quasi hier geht es darum, rechtzeitig zu erkennen, mit welchen Motiven, wenn man es überhaupt kann, und mit wessen Motiven Personen nach Deutschland kommen.“
Auf die Frage, ob die muslimischen Vereine und Gemeinden im Land genügend tun, um dement gegen zu wirken, sagte Abou-Taam:
„Ich glaube, größtenteils sind die überfordert. Sie sind einmal damit überfordert, die eigene Jugend an sich zu binden und auf der anderen Seite sind sie überfordert, weil sie sich meinen, zu sehr distanzieren zu müssen. Insofern, als dass sie natürlich die radikalisierenden Organisationen, Salafismus beispielsweise, einfach als nicht islamisch definieren. Damit ist es nicht ihre Sache, was natürlich sehr schwach ist. Denn tatsächlich ist es so, dass sowohl IS, also quasi diese globale terroristische Ideologie, als auch dann dass, was hier passiert, auf der Grundlage der religiösen Identität passiert.“
Auf die Frage, ob die Radikalisierung junger Menschen ein Großstadtproblem ist, sagte der Islamexperte:
„Das, was man feststellen kann, ist, dass das milieuübergreifend ist. Es gibt nicht das Phänomen nur in der Großstadt, sondern auch in ländlichen Bereichen, wobei wir nach wie vor sagen können, dass es natürlich Hotspots gibt. Größere Städte sind eher betroffen als kleinere Gemeinden.“
Das ausführliche Interview läuft im Politikmagazin „zur Sache Rheinland-Pfalz“ am Donnerstag, den 19. November um 20.15 Uhr im SWR Fernsehen. (red.)