In einem jüngsten Beschluss verwies das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde eines Beschwerdeführers an das Landgericht Landshut zurück
Einem Beschwerdeführer wurde die Wiedereinsetzung in die Verfassungsbeschwerdefrist gewährt. Das hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch Richter Paulus, Christ und die Richterin Härtel am 9. Februar 2022 einstimmig beschlossen. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Beleidigung eines – ihm persönlich unbekannten Staatsanwaltes – in einem Schreiben an den/die Dienstaufsicht führenden Leitenden Oberstaatsanwalt. Gegen einen unberechtigten Strafbefehl hat er sich gewehrt und seine ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgenutzt. U.a. hat er Strafanzeigen gegen verschiedene Personen wegen Betruges gestellt. Weil die Staatsanwaltschaft nicht ordnungsgemäß in seinem Falle ermittelt hatte, schrieb er seine Beschwerde an den Leitenden Oberstaatsanwalt und machte seinem Unmut darüber Luft. Da aus Sicht des Beschwerdeführers sowohl das Urteil noch der Beschluss des Obersten Landgericht fehlerhaft war, weil die Staatsanwaltschaft nicht ordnungsgemäß ermittelt hatte, zog er mit seiner Beschwerde vor das Bundesverfassungsgericht und bekam Recht. Somit musste der Beschluss des Obersten Landesgerichts vom 02.10.2020 – 206 – StRR 333/20 und das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13.01.2020, AZ.: 2 Ns 303 Js 15272/18, wieder aufgehoben werden, weil der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 verletzt wird.
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In dem Ausgangsverfahren vorangehenden Ermittlungsverfahren legte die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer den unrechtmäßigen Bezug von Arbeitslosengeld zur Last. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht einen Strafbefehl wegen Betrugs mit 50 Tagessätzen zu 40 Euro. Der Beschwerdeführer legte daraufhin Einspruch ein In der Hauptverhandlung wurde der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer wegen Betruges zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen je 20 Euro verurteilt. Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin eine Strafanzeige gegen einen Mitarbeiter der Agentur für Arbeit.
Die Staatsanwaltschaft wollte allerdings nach einem Abgleich mit der/den Beschwerdeführer betreffenden Anzeige des Hauptzollamtes der Anzeige des Beschwerdeführers nicht nachgehen. Wenige Tage nach der Einstellungsnachricht wandte sich der Beschwerdeführer betreffend den vorstehenden, zusammengehörendem Lebenssachverhalt aus seinem Betrugsverfahren und der Anzeige gegen den Mitarbeiter der Agentur für Arbeit mit E-Mail vom 22. April 2018 an den „Oberstaatsanwalt Landshut“ und führte u.a. aus, dass er gegen die Einstellung des Verfahrens Widerspruch einlegt. Es sei richtig, dass hier keine ersichtliche Straftat vorliege. Durch die falsche Zeugenaussage eines Mitarbeiters der Agentur für Arbeit, dessen Name man dem Beschwerdeführer nicht nennen wollte. Der Betroffene hat in seinem Beschwerdeschreiben an den Leitenden Oberstaatsanwalt folgendes u.a. verfasst: „Es ist eine „absurde“ Anklageschrift verfasst worden, die ein achtjähriges Kind, das die zweite Klasse einer Grundschule erfolgreich abgeschlossen hat, erkennen konnte. Nur ein studierter Jurist hat dies offensichtlich nicht erkannt. Zudem wurde von der Staatsanwaltschaft gar nicht ermittelt, sondern sich blind auf die Falschaussage der Agentur für Arbeit verlassen und daraus eine Anklageschrift verfasst. In der Anklageschrift sind gravierende Mängel, keine Beweise wurden gesichert. So wusste die Agentur für Arbeit durch ein Schreiben von mir, dass ich am 15.12.2016 einer Beschäftigung nachgehe. Schwere Ermittlungsfehler und ein selten „dämlicher“ Staatsanwalt, der nicht lesen und schreiben kann. Auf Grund des Strafbefehls hätte ich gar nicht verurteilt werden dürfen. Und hierzu noch die Entscheidung dieser Verfassungsbeschwerde des Bundesverfassungsgerichts im Original: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2022/02/rk20220209_1bvr258820.html
Das Bundesverfassungsgericht entschied weiter wie folgt:
„Die zulässig angegriffenen Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte bei Berücksichtigung der grundrechtlichen Anforderungen zu einem anderen Ergebnis gekommen wären.
Das Urteil des Landgerichts und der Beschluss des Bayerischen Obersten Landgerichts sind demnach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandwertes beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff,>).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.