Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld nimmt deutlich Stellung zu den Ergebnissen der in der vergangenen Woche veröffentlichten Bertelsmann-Stiftung. Hierin wird empfohlen, mehr als jedes zweite Krankenhaus in Deutschland zu schließen – dadurch könnte die medizinische Versorgung verbessert werden, so die Studie. Ihlenfeld: „Das ist nicht der richtige Weg und schadet dem ländlichen Raum“. Die von der Stiftung beauftragten Wissenschaftler des Berliner Instituts für Gesundheit- und Sozialforschung kommen zu dem Ergebnis, dass von bundesweit knapp 1400 Kliniken nicht einmal mehr 600 benötigt würden, wenn man statt einer schnellen Erreichbarkeit die Qualität der medizinischen Behandlung als entscheidendes Kriterium heranziehen würde. Begründet wird dies damit, dass größere Kliniken mit besserer Ausstattung und erfahrenen Ärzten eine deutlich bessere Leistung bieten würden als kleinere Krankenhäuser. Ihlenfeld lehnt diesen Vorschlag zur massenhaften Schließung ab: „Es mag durchaus richtig sein, dass in größeren Städten und Ballungsgebieten eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung auch mit weniger Krankenhäusern sichergestellt werden könnte. Die Schließung von mehreren hundert, insbesondere kleinerer Kliniken würde jedoch einen Kahlschlag bedeuten, der die Lebensqualität der Menschen auf dem Land deutlich verschlechtern würde“. Für den Landkreis Bad Dürkheim wäre die Schließung der Krankenhausstandorte in Grünstadt und Bad Dürkheim zugunsten größerer Häuser in Worms, Ludwigshafen oder Neustadt völlig inakzeptabel. Krankenhaus in der Nähe wichtig Umfragen haben gezeigt, dass die gute Erreichbarkeit eines Hausarztes und eines Krankenhauses den Menschen in Deutschland sehr wichtig ist, so Ihlenfeld weiter. Dies sicherzustellen ist für ihn ein wichtiger Teil der staatlichen Daseinsfürsorge. Gerade in ländlichen Regionen stellen kleinere Krankenhäuser eine wohnortnahe Grundversorgung bei altersbedingten Krankheiten und Geburten sicher. Eine Schließung viele dieser kleineren Kliniken würde unweigerlich dazu führen, dass viele, gerade auch ältere Menschen als Patienten und Besucher deutlich weitere Wege ins nächste Krankenhaus in Kauf nehmen müssten. „Es kann nicht sein, dass die Menschen auf dem Land in der Gesundheitsversorgung Menschen zweiter Klasse werden“, so Ihlenfeld weiter. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, die die Erhaltung einer flächendeckenden und wohnortnahen gesundheitlichen Versorgung durch Krankenhäuser, Haus- und Fachärzte sowie Apotheken und Pflegeeinrichtungen als wichtiges Ziel ansieht. Mehr medizinische Fachkräfte notwendig Den Ansatz der von der Bertelsmann-Stiftung beauftragten Wissenschaftler, hält Ihlenfeld für falsch. Statt wegen des aktuell bestehenden Mangels an Ärzten und Pflegekräften, das vorhandene Personal in einigen wenigen Krankenhäusern zu konzentrieren, sollte vielmehr der Fachkräftemangel beim medizinischen Personal bekämpft werden. So sollte die Anzahl der Medizin-Studienplätze erhöht werden, dass zukünftig wieder genügend Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen, um die frei werdenden Stellen in Arztpraxen und Krankenhäusern zu besetzen. Auch im Bereich der Pflege müsse weiterhin konsequent in die Ausbildung und in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften in Krankenhäusern und Pflegeheimen investiert werden. Wenn genug gut qualifiziertes medizinisches Personal zur Verfügung stehe, lasse sich auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung flächendeckend sicherstellen. Ambulant und stationär vernetzen Statt kleinere Häuser zu schließen sollte aus Sicht des Landrates neben einer besseren personellen Versorgung und höheren Investitionsförderung durch die Länder das System der ambulanten und stationären Versorgung gerade im ländlichen Raum stärker vernetzt werden. Die Vorschläge der Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse gehen aus seiner Sicht in die richtige Richtung: Die Trennung von ambulanter und stationärer Versorgung müsse stärker aufgeweicht werden. Sektorenübergreifende Angebote, wie sie beispielsweise vom Kreiskrankenhaus Grünstadt in Gestalt von Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten entwickelt wurden, müssen stärker genutzt werden. Wenn notwendig, können kleinere Krankenhäuser zusätzlich die Rolle ambulanter Versorgungszentren für die Region und damit eine Schlüsselfunktion übernehmen. Zugleich kann durch digitale Unterstützung und Assistenzsysteme in der Pflege – z.B. „Gemeindeschwester plus“ – der älter werdenden Bevölkerung auch in der Fläche Rechnung getragen werden. „Wir sollten nicht den Fehler machen, die gute und wohnortnahe Krankenhausversorgung in Deutschland, um die uns viele andere Länder beneiden, an den Bedürfnissen der Menschen vorbei zu zerschlagen“, mahnt Ihlenfeld. Vielmehr sollte das Gesundheitssystem in Deutschland behutsam und mit Augenmaß weiterentwickelt werden. (red.)