SWR-Fernsehen berichtet darüber heute um 20:15 in der Sendereihe betrifft: Schweine vom Fließband – bleibt der Tierschutz auf der Strecke? und ab 18:00 in der SWR-Mediathek
Die Tierrechtsgruppe SOKO Tierschutz hat in einem Mastbetrieb bei Ulm drei Wochen lang gefilmt. Dabei wurden massive Tierrechtsverstöße dokumentiert. Die Bilder wurden dem SWR-Fernsehen zugespielt.
Mainz. In einem Mastbetrieb in der Nähe von Ulm dokumentierten Tierschützer Anfang Februar massive Tierschutzverletzungen. Die Aufnahmen aus dem Betrieb, die dem SWR-Fernsehen vorliegen, zeigen viele schwerverletzte Tiere mit offenen Wunden, abgebissenen Schwänzen, Schweine, die sich gegenseitig auffressen, totkranke und sterbende Tiere. Gedreht wurden die Bilder von der Tierrechtsgruppe SOKO Tierschutz.
Die baden-württembergische Tierschutzbeauftragte und Veterinärin Dr. Julia Stubenbord, der der SWR die Bilder zur Begutachtung vorgelegt hat, fordert eine Strafanzeige gegen den Betrieb und Tierhaltungs- und Betreuungsverbot für den Betreiber.
Die zuständige Veterinärbehörde im Alb-Donau-Kreis hat den Betrieb inzwischen untersucht, aber nicht geschlossen. Tiere seien notgetötet worden, teilt die Behörde mit. Es sei zudem die Auflage erteilt worden, die Missstände unverzüglich zu beheben. Der Landwirt hat inzwischen gegenüber der Behörde mitgeteilt, die Schweinemast aufgeben zu wollen. Gegenüber dem SWR sagt er, er sei zu dem Zeitpunkt, an dem die Aufnahmen entstanden sind, krank gewesen und habe sich nicht um den Betrieb kümmern können.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk, CDU, sieht trotz der wiederholten Tierschutzskandale in Baden-Württemberg kein grundsätzliches Versagen der Behörden. Zu dem jüngsten Fall sagt er im Interview mit dem SWR: „Es ist natürlich so, bei über 10.000 Tierhaltern im Land, wird man nie ganz ausschließen können, das Vergehen passieren. Wo Menschen handeln, gibt es immer auch Vergehen und Verstöße.“
Friedrich Mülln, von der Tierrechtsgruppe SOKO Tierschutz, der die Aufnahmen angefertigt hat, widerspricht dieser Einschätzung: “Das ist für mich nicht mehr die Ausnahme. Das ist eine grauenhafte Regel, dass Schweine unter entsetzlichen Bedingungen in den Betrieben zugrunde gehen.“
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch der oberste Schlachthofveterinär in Deutschland, der Bayreuther Veterinäramtsdirektor Dr. Kai Braunmiller. Er ist zugleich Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Fleischhygiene. Er verweist auf eine Studie der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, die sich mit der derzeitigen Schweinehaltung auseinandersetzt: „Also diese Haltung auf Betonspaltenboden ist für die Tiere überhaupt nicht artgerecht. Wir haben eine wissenschaftliche Untersuchung machen lassen, was die Liegeschäden angeht. 92 Prozent dieser Tiere bekommen Liegeschäden, 40 Prozent leicht, rund 50 Prozent mittel und schwer – und mittlere und schwere Zustände, wie man sie hier auch gesehen hat, sind eigentlich Straftatbestände, die so überhaupt nicht zu tolerieren sind. Die ist tierschutzwidrig. Ganz klar, also hier wäre dringend auch Umstellung nötig, also eine Nachrüstung der bestehenden Anlagen und endlich eine Konzeption für eine gute, tiergerechte Haltung in der Zukunft.“
In Deutschland werden pro Jahr rund 50 Millionen Schweine gemästet, davon das Gros in konventioneller Haltung, also auf Betonspaltenböden. Rechnet man diese Daten der Studie hoch, würde das bedeuten, dass mehr als 90 Prozent oder 40 Millionen Tiere rechtswidrig gehalten werden, weil sie infolge der Haltung Schäden davontragen.
Das SWR-Fernsehen berichtet darüber heute um 20:15 in der Sendereihe betrifft: Schweine vom Fließband – bleibt der Tierschutz auf der Strecke? und ab 18:00 in der SWR-Mediathek.
Quelle und Foto: SWR