Dass Filmfestspiele von Naturgewalten heimgesucht werden, erlebt man in der Regel nur auf der Leinwand. Dass Ausnahmen möglich sind, hat das 9. „Festival des deutschen Films“ in Ludwigshafen gezeigt, das gestern offiziell zu Ende ging. Obwohl das Festival von der Ludwigshafener Parkinsel in den Industriehafen verlegt werden musste, hat die 60.000 Besucher nicht davon abgehalten, zur Presverleihung zu kommen. Der mit 50.000 Euro dotierte „Filmkunstpreis“ wurde Arno Lehmann für „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ verliehen. Mit dieser Verfilmung von Heinrich von Kleist wurde „Michael Kohlhaas“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Gleich zwei neue Verfilmungen der Novelle über einen Unangepassten kommen in diesem Jahr auf den Markt: Die aufwändige deutsch-französische Koproduktion mit dem skandinavischen Star Mads Mikkelsen in der Titelrolle und um krampfhafte Werktreue bemüht, ist in Cannes durchgefallen. In Deutschland Filme zu machen, erfordert vom Regisseur Sparsamkeit und Kreativität….
Die pfiffige Verfilmung durch den deutschen Nachwuchsregisseur Aron Lehmann ist am Sonntag Abend mit dem „Filmkunstpreis 2013“ des „9. Festival des deutschen Films“ in Ludwigshafen ausgezeichnet worden: „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ ist nicht nur ein Highlight dieses Festivals, sondern des deutschen Films in dieser Saison.
Ein Film im Film und höchst artifizielle Reflektion über die Fährnisse des Filmemachens. Jeder, der sich auf das schwierige Terrain begibt, muss ein Stück vom Kohlhaas in sich tragen. Äußerlich handelt Aron Lehmanns famoser Film davon, wie ein junger ambitionierter Filmemacher ohne Budget den „Michael Kohlhaas“ verfilmen will und dabei dem Helden immer ähnlicher wird. „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ kommt im August in die Kinos.
Die Geschichte von Michael Kohlhaas:
Laut Wikipedia wurde Michael Kohlhaas wie folgt beschrieben: „Michael Kohlhaas ist eine Novelle von Heinrich von Kleist. Ein erstes Fragment erschien bereits in der Juniausgabe 1808 von Kleists Literaturzeitschrift Phöbus. In vollständiger Form wurde sie 1810 im ersten Band von Kleists Erzählungen veröffentlicht. Die Erzählung spielt in der Mitte des 16. Jahrhunderts und handelt vom Pferdehändler Michael Kohlhaas, der gegen ein Unrecht, das man ihm angetan hat, zur Selbstjustiz greift und dabei nach der Devise handelt: „Fiat iustitia, et pereat mundus“ (dt.: „Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe auch die Welt daran zugrunde!“). Ernst Bloch nennt daher Michael Kohlhaas auch den „Don Quijote rigoroser bürgerlicher Moralität“.
Um 1800 sorgten sowohl die außenpolitischen Misserfolge (Niederlage im Krieg gegen Napoleon) als auch die unklaren innenpolitischen Verhältnisse (unterschiedliches Verhalten deutscher Fürsten gegenüber Napoleon) für Unzufriedenheit in Preußen. Kleist stellte sich entschieden gegen Frankreich, seine Haltung war reformbestimmt. „Kohlhaas lebt in jenen Dekaden des frühen 16. Jahrhunderts, als sich der absolutistische Staat zu etablieren beginnt, gleichzeitig aber das staatsrechtliche Denken des Mittelalters seinen Einfluss noch nicht verloren hat. Im absolutistischen Staat ist der Selbsthilfe kein Raum mehr gegeben. Das unterscheidet ihn von der mittelalterlichen Gesellschaftsverfassung. Der mittelalterliche Sachsenspiegel drückte nicht nur das Recht, sondern gar die Pflicht des Einzelnen aus, die ungesetzlichen Handlungen der Obrigkeit zurückzuweisen. Von hier aus gesehen, kann man sagen, dass in Kleists Kohlhaas mittelalterliche und frühabsolutistische Rechtsvorstellungen miteinander im Streit liegen.“ Seine rechtlich-politischen Forderungen brachte er in seinem Kohlhaas zum Ausdruck, ohne dabei politischer Agitation verdächtigt zu werden.
Im 19. Jahrhundert verarbeitete Heinrich von Kleist die Geschichte von Hans Kohlhase in der Novelle Michael Kohlhaas. Dabei blieb er in der Schilderung der Ereignisse jedoch nicht authentisch, da ihm die Untersuchungsakten von 1539 nicht vorlagen. Hans Kohlhase lebte im 16. Jahrhundert als Kaufmann in Cölln an der Spree im Brandenburgischen. Am 1. Oktober des Jahres 1532 begab er sich auf eine Reise zur Leipziger Messe. Auf dem Weg dorthin wurden ihm jedoch auf Geheiß des Junkers von Zaschnitz zwei seiner Pferde abgenommen mit der Begründung, er habe sie gestohlen. Kohlhase versuchte, juristisch dagegen vorzugehen. Vergleichsverhandlungen fanden am 13. Mai 1533 auf der Burg Düben statt, führten jedoch zu keiner friedlichen Beilegung des Konfliktes. Ein Grund bestand vor allem darin, dass der Ritter von Zaschwitz inzwischen verstorben war und seine Erben eine angemessene Entschädigungszahlung verweigerten. Aus diesem Grund erklärte er 1534 die Fehde und brannte Häuser in Wittenberg nieder. Er beging weitere Verbrechen. Schließlich wurde er ergriffen und am 22. Mai 1540 in Berlin öffentlich durch Rädern hingerichtet.
Der im Brandenburgischen lebende, angesehene Rosshändler Michael Kohlhaas reitet mit zum Verkauf bestimmten Pferden nach Sachsen. Unterwegs wird er jedoch an der Burg des Junkers Wenzel von Tronka mit der willkürlichen Forderung nach einem Passierschein aufgehalten. Nachdem Kohlhaas in Dresden feststellt, dass es einen solchen Passierschein nicht gibt, erfährt er bei seiner Rückkehr, dass seine beiden als Pfand zurückgelassenen Pferde durch den Einsatz in harter Feldarbeit abgemagert und damit wertlos geworden sind.
Gegen dieses Unrecht reicht Kohlhaas beim Kurfürsten von Sachsen eine Klage ein, die jedoch auf Bestreben der Familie von Tronka abgewiesen wird. Weitere Versuche Kohlhaasens, sich Gehör zu verschaffen, gipfeln schließlich im Tod seiner Frau. Enttäuscht darüber, dass er auf juristischem Weg keine Gerechtigkeit erfährt, beginnt Kohlhaas nach dem bitteren Verlust seiner Frau einen Rachefeldzug gegen den Junker Wenzel von Tronka. Er überfällt die Tronkenburg und tötet alle Bewohner. Den Junker selbst, der als einziger entkommen konnte, verfolgt er mit einem wachsenden Heerhaufen zunächst bis zum Klosterstift Erlabrunn und schließlich bis nach Wittenberg, das er mehrmals in Brand setzt. Einem Gerücht folgend gelangt Kohlhaas schließlich nach Leipzig, das er ebenfalls anzünden lässt. Infolgedessen kommt es zu einem Gespräch mit Martin Luther, der Kohlhaas zuvor öffentlich verurteilt hatte. Nachdem dieser ihm jedoch seine Situation schildert, erwirkt Luther durch eine Bittschrift für Kohlhaas dessen freies Geleit nach Dresden, um die Klage erneut vor Gericht bringen zu können.
In Dresden lebt Kohlhaas zunächst unbehelligt im Schutz des freien Geleits. In der Zwischenzeit hatten sich versprengte Reste seines aufgelösten Heerhaufens gesammelt und zogen raubend und plündernd durch das Land. Ihr Anführer war Johann Nagelschmidt, der vorgab, der Statthalter und Vertraute von Kohlhaas zu sein. Tatsächlich aber wollte Kohlhaas diesen wegen verschiedener Gräueltaten hängen lassen. Nur die Entlassung des Haufens aufgrund der Amnestie rettete Nagelschmidts Leben. Kohlhaas kann den Verdacht entkräften, mit Nagelschmidt zu kollaborieren. Bald darauf jedoch bemerkt Kohlhaas, dass er unter Hausarrest steht. Da erreicht ihn ein Bote von Nagelschmidt. Der will ihn aus Dresden befreien und bietet ihm das Kommando über den inzwischen in militärische Bedrängnis geratenen Haufen an. Kohlhaas nimmt dieses Angebot an, jedoch nur, damit er aus Dresden entkommt, um sich „nach der Levante oder Ostindien“ einzuschiffen. Die Behörden haben sowohl die Botschaft als auch die Antwort abgefangen. Dies liefert schließlich den Grund für seine Verhaftung.
Zu der Zeit ersuchte die „Krone Polen“, im Streit mit dem Haus Sachsen stehend, den Kurfürsten von Brandenburg, gemeinsam gegen dieses vorzugehen. Nun betreibt der Kurfürst die Sache von Kohlhaas. Um diesen vor weiterem Unrecht zu bewahren, bietet er ihm einen erneuten fairen Prozess an. Der führt zwar zur Verurteilung des Junkers von Tronka auf Schadensersatz, allerdings wird zugleich auch Kohlhaas wegen Landfriedensbruch zum Tode verurteilt. Kurz vor der Hinrichtung erfährt der Kurfürst von Sachsen jedoch, dass sich Kohlhaas im Besitz einer Zigeuner-Prophezeiung befindet. Diese beinhaltet den Namen des letzten Kurfürsten aus seinem Hause, das Datum, wann er sein Reich verlieren wird und den Namen, durch den das Reich endet. Alle Versuche, ihm diese Prophezeiung abzunehmen, scheitern. Auf dem Schafott verschluckt Kohlhaas schließlich den Zettel mit der Prophezeiung und macht ihn so endgültig unzugänglich für den Kurfürsten, der daraufhin einen Nervenzusammenbruch erleidet“. (red.)