Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt
Am 23.11.2021 teilte das baden-württembergische Innenministerium in einer Presseerklärung mit, dass gegen einen hochrangigen Mitarbeiter der Polizei Baden-Württemberg Vorwürfe von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Raum stehen. Zur Aufklärung wurde die Staatsanwaltschaft Stuttgart eingebunden. Seit dieser Zeit laufen die Drähte in unserer Redaktion heiß, weil u.a. von Betroffenen gefordert wird, dass diese sexuellen Belästigungen von Polizeibeamtinnen aufzuklären sind. Das Recherche-Team von NACHRICHTEN REGIONAL konnte einiges in Erfahrung bringen und hat sich deshalb mit einer Presseanfrage an das Innenministerium Stuttgart gewandt, NR hat u.a.erfahren, dass der Inspekteur der baden-württembergischen Polizei einer Hauptkommissarin eine Beförderung gegen sexuelle Dienste angeboten haben soll. Gegen ihn wird seit letzten November ermittelt, seine Wohnung sei bereits durchsucht worden. Auch ein weiterer Fall wurde bekannt, eine weitere Polizistin habe sich wegen sexueller Belästigung während ihrer Ausbildung in der Polizeihochschule Böblingen jüngst an das Innenministerium gewandt.
Polizei verdient Vertrauen in unserem Lande
„Die Menschen in unserem Land haben zurecht ein hohes Vertrauen in die Polizei. Unsere Beamtinnen und Beamten stehen fest auf dem Boden der Verfassung, sind tagtäglich mit großer Motivation und Professionalität für die Sicherheit in unserem Land im Einsatz und verdienen hierfür unseren Dank und unser Vertrauen. Um dieses Vertrauen zu rechtfertigen und zu bewahren, beleuchten wir mögliches Fehlverhalten innerhalb der Polizei genau und sorgen mit größtmöglicher Transparenz für Aufklärung. Wenn sich dann bewahrheitet, dass es ein vorwerfbares Verhalten gibt, werden alle erforderlichen Maßnahmen getroffen. Dies gilt umso mehr für die Führungsebene der Polizei, mit ihrem besonderen Vorbildcharakter“, erklärt die Landespolizeipräsidentin Dr. Stefanie Hinz am 23. November 2021 in einer Presseerklärung.
Inzwischen ist eine Meldestelle beim Landespolizeipräsidium Baden-Württemberg eingerichtet
Am gleichen Tage wurde eine Meldestelle beim Innenministerium-Landespolizeipräsidium Baden-Württemberg eingerichtet, berichtet Stefanie Hinz weiter. Mit der Meldestelle sei eine weitere Möglichkeit geschaffen worden, um Betroffenen und Opfern zu helfen und die Kontaktaufnahme zu erleichtern. „Wichtig ist uns zu betonen, dass den Angehörigen der polizeilichen Dienststellen und Einrichtungen bereits jetzt flächendeckend eine Vielzahl an Kontaktstellen, die im Bedarfsfall genutzt werden können, zur Verfügung stehen“. Darunter seien sowohl organisationsinterne Möglichkeiten wie psychosoziale Beratungsstellen, Personalratsmitglieder, Beauftragte für Chancengleichheit oder Schwerbehindertenvertretungen aber auch organisationsexterne Anlaufstellen wie beispielsweise Polizeigeistliche oder die Bürgerbeauftragte des Landes. Außerdem stünden Ansprechpartner auf unterschiedlichen Führungsebenen zur Verfügung. Sämtliche Einrichtungen und Funktionsträger würden dabei nicht nur passiv Hinweise entgegen nehmen, sondern bieten sich und ihre Angebote aktiv an bzw. würden bei Verdachtsfällen oder Wahrnehmungen auf die Betreffenden und ihre Vorgesetzten zugehen, heißt es weiter. Darüber hinaus werde geprüft, ob in Fällen im Zusammenhang mit sexuellen Straftaten oder Belästigungen innerhalb der Landespolizei ein unabhängiger Vertrauensanwalt bestellt werden könne. Die Besonderheit eines externen Vertrauensanwaltes bestünde darin, dass von diesem auf Wunsch Verschwiegenheit zugesichert werden könne und im Umgang mit Strafverfahren das Opfer auch entsprechend beraten könne.
Vorwürfe werden nun gewissenhaft geprüft
Laut Innenministerium werden die Vorwürfe nun gewissenhaft geprüft. Das Landespolizeipräsidium habe deshalb zur vollumfänglichen Aufklärung dieser Vorwürfe die Staatsanwaltschaft Stuttgart eingebunden. Diese werde nun prüfen, ob die Vorwürfe zutreffen und ein Anfangsverdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen einen hochrangigen Mitarbeiter der Polizei besteht, der hierbei seine Stellung als Amtsträger missbraucht haben könnte. Zeitgleich wurde gegen den Mitarbeiter der Polizei ein Disziplinarverfahren eingeleitet und das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Im eingeleiteten Disziplinarverfahren wird dem Vorwurf nachgegangen, ob der Mitarbeiter gegen seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten verstoßen hat.
In einer Erklärung teilt das Innenministerium Baden-Württemberg außerdem mit:
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in den Reihen der Polizei nehmen wir nicht hin. Im Raum stehenden Vorwürfen geht die Polizei entschlossen und konsequent nach – dafür steht der Innenminister, das Innenministerium und die Polizei Baden-Württemberg. Die im Raum stehenden Vorwürfe sind eine große Belastung, zuvorderst freilich für das mutmaßliche Opfer, deren Situation wir immer im Blick haben müssen. Und wir müssen leider feststellen: Der Verdacht gegen einen so herausgehobenen Polizeibeamten ist ein schwerer Rückschlag für das Bild der Polizei in der Öffentlichkeit, für unsere gemeinsamen und intensiven Bemühungen für eine noch bessere Wertekultur in der Polizei, für unseren gemeinsamen Kampf gegen Rassismus, Extremismus, Diskriminierung und Sexismus.
Der Innenminister, die Polizei Baden-Württemberg, wir alle haben ein großes Interesse daran und setzen alles daran, dass die Vorwürfe vollumfänglich aufgeklärt werden. Wir haben daher alle erforderlichen Schritte zur Aufklärung unverzüglich eingeleitet, und das mit maximaler Transparenz. Und ich kann Ihnen versichern: Das Innenministerium und an der Spitze der Innenminister werden ganz genau hinschauen. Jeder einzelne Fall, in dem sexuelles Fehlverhalten innerhalb der Polizeiorganisation im Raum steht, ist einer zu viel. Und deshalb messen wir jedem Fall die gleiche Bedeutung zu.