Forcierten CDU und GRÜNE den Anschluss- und Benutzungszwang? – Wie das Neubauprojekt vor den Kommunalwahlen 2009 „durchgepeitscht“ wurde
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass der Anschluss- und Benutzungszwang im Baugebiet „Südlich der Rosenstraße“ eine Fehlentscheidung des damaligen Gemeinderates war. Wegen überhöhter Energiepreise der Gemeindewerke Haßloch sind verschiedene Eigentümer vor das Verwaltungsgericht gezogen. Inzwischen sind die Klagen beim Oberverwaltungsgericht Koblenz anhängig, wo sich bereits die 3. Kammer mit den Klagen befassen muss. Seit acht Jahren laufen diese Prozesse, nur weil der Haßlocher Gemeinderat damals eine falsche Entscheidung getroffen hatte. Am 24.09.2008 sprach sich der Haßlocher Gemeinderat mehrheitlich dafür aus, einen Anschluss an das zu errichtende Nahwärmenetz für das Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße“ herzustellen und die entsprechende Satzung zum „Anschluss- und Benutzungszwang“ zu verfassen. Auf Antrag der Fraktion die GRÜNEN wurde danach zunächst im Hauptausschuss am 04.02.2009 mehrheitlich beschlossen, dass beim „Anschluss- und Benutzungszwang“ auch Wärmepumpen grundsätzlich zuzulassen sind. Mögliche Auswirkungen dieser Beschlussempfehlung wurden in einem gemeinsamen Gespräch zwischen Gemeindeverwaltung und Gemeindewerken erörtert. Am Satzungsentwurf waren außer den Gemeindewerken Haßloch auch die Thüga sowie der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz beteiligt. In der Gemeinderatsitzung am 18.02.2020 wurde die zunächst im Hauptausschuss beschlossene Forderung der GRÜNEN bezüglich Wärmepumpen wieder außer Kraft gesetzt.
Vorausgegangen sind der damaligen Entscheidung zum Anschluss- und Benutzungszwang im Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße“ hitzige Diskussionen im Gemeinderat, weil dem vorgetragenen Rechenbeispiel nicht alle Anwesenden folgen konnten. Es wurden immer wieder die hohen Folgekosten kritisiert. Die Gemeindewerke brachten in einem Abstimmungsergebnis am 12.02.2009 deutlich zum Ausdruck, dass bei der Zulässigkeit von Wärmepumpen das betriebswirtschaftliche Risiko sehr deutlich ansteigen würde und die bisherigen Kalkulationen obsolet würden. Es wurde in Gesprächen auf die Zielsetzung der Nahwärmeversorgung und die möglichst kostengünstige Bereitstellung von Wärme hingewiesen. Bei einer Reduzierung der Nachfrage müssten zwangsläufig die Kosten für die verbleibenden Abnehmer nicht nur geringfügig, sondern deutlich ansteigen, da die Investitionskosten im Leitungsnetz und Kraftwerkbau ohnehin entstehen, was damals zu weiteren Diskussionen im Gemeinderat führte.
In der Beschlussvorlage vom 18.02.2009 wurde der Gemeinderat vor seiner Entscheidung nochmals auf die vergaberechtliche Rechtsprechung hingewiesen, dass es laut Literatur streitig sei, ob die Nahwärmeversorgung europaweit ausgeschrieben werden müsse oder ob ein vergabefreies sog. „Inhouse-Geschäft“ vorliege. Der GStB hatte sich entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH dahingehend geäußert, dass er die Verhandlung mit nur einem Anbieter und die Einräumung von Exklusivrechten für rechtlich bedenklich halte, da das Rechtsgeschäft von vornherein jeglichem Wettbewerb entzogen würde. Auf diese Bedenken ging der Gemeinderat seinerzeit nicht ein, zumal festgestellt wurde, dass nach nationalem Recht nicht geregelt ist, dass eine Wärmeversorgung ausgeschrieben werden muss. Vielmehr wurde in der Beschlussvorlage an den Gemeinderat von Verwaltungsseite dafür geworben, dass die Übertragung der Nahwärmeversorgung an die Gemeindewerke Haßloch gegenüber einem sonstigen Versorgungsunternehmen die Vorteile hätte, dass eine Kontrolle durch die Gemeinde Haßloch stattfinden könnte, die Zuverlässigkeit bereits durch Erfahrungen in sonstigen Projekten nachgewiesen sei und keine zeitlichen Verzögerungen entstehen würden. Des Weiteren hatte der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung am 24.09.2008 die Verwaltung und die GWH beauftragt, das erforderliche Verfahren zur Realisierung einer zentralen Wärmeversorgungsanlage mit angeschlossenem Nahwärmenetz einzuleiten. Daraufhin wurden durch die GWH entsprechende Vorberatungen durchgeführt und Planungsleistungen vergeben. Schließlich würde die zusätzliche Wertschöpfung vor Ort bleiben und Arbeitsplätze könnten gesichert werden, heißt es weiter in der Beschlussvorlage an den Gemeinderat. Die Satzung, die in der Gemeinderatsitzung anschließend mehrheitlich beschlossen wurde, regelt in §§ 3 und 4 das Anschluss- und Benutzungsrecht der künftigen Bauherren und Nutzer, in § 5 den Anschluss- und Benutzungszwang für die Nahwärmeversorgung. Gemäß § 5 Abs. 3 ist auf Grundstücken, die an das Nahwärmenetz angeschlossen sind, der gesamte dort entstehende Bedarf von Wärme für Raumheizung und Brauchwasser, unbeschadet der Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten (§ 6) ausschließlich aus dem Nahwärmenetz zu decken. Das Abstimmungsergebnis fiel wie folgt aus: 20-Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen. 3 Gemeinderatsmitglieder nahmen an der Abstimmung nicht teil.
Trotz unterschiedlicher Ansichten im Gemeinderat wurde der Anschluss- und Benutzungszwang im Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße, mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN damals mehrheitlich beschlossen. Zuvor gab Ausschussmitglied Hans Aumüller seine persönliche Erklärung im Bau-, Verkehrs- und Entwicklungsausschuss am 19.01.2009 wie folgt ab: „Ich habe gegen den Beschlussvorschlag gestimmt, da meine Fraktion, die FWG, einer Satzung, versehen mit einem Anschluss- und Benutzungszwang zur Versorgung des Neubaugebietes „Südlich der Rosenstraße“ mit Nahwärme grundsätzlich nicht zustimmen kann. Wir sind gegen jede Form von Zwangsregelungen und plädieren dafür, dass die Bürger in ihrer Entscheidung frei bleiben“. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Anschluss- und Benutzungszwangs im Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße“ war die Sitzverteilung im Gemeinderat wie folgt: SPD = 13 Sitze, CDU = 17 Sitze, Grüne = 2 Sitze, HLL = 4 Sitze.
Noch im Jahre 2010 hatten die GWH mit einem Flyer für die „Nahwärme-Solidargemeinschaft“ geworben und in dem Flyer folgendes mitgeteilt:
„In Deutschland ist für den Aufbau von Infrastruktur die politische Beschlussfassung üblich. So hat der Haßlocher Gemeinderat den sogenannten „Anschluss- und Benutzungszwang“ für die Nahwärme-Versorgung im Baugebiet beschlossen.
Unter Kostenaspekten ist Nahwärme für Bauherren die optimale Lösung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz. Danach ist die Nahwärmeversorgung für das Wohngebiet „Südlich der Rosenstraße“ in der Vollkostenrechnung die preisgünstigste Lösung für die Bauherren. Außerdem: von allen untersuchten Infrastrukturlösungen ist Nahwärme die wirtschaftlichste und wurde deshalb vom Ministerium ausdrücklich empfohlen.
Insoweit bilden alle Anwohner dieses Baugebietes durch den Gemeinderatsbeschluss eine Solidargemeinschaft. Und für dies gilt unter dem Strich: Das Nahwärmekonzept ist zukunftsgerichtet, ökologisch und kostengünstig“. Dass die Betroffenen dies anders sehen, zeigen die Klagen, die seit 8 Jahren anhängig sind.
Inzwischen konnte NACHRICHTEN REGIONAL mit einigen Geschädigten im Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße“ sprechen, die gerade wegen dieser damaligen Werbung der GWH sich für ein Wohnobjekt in diesem Neubaugebiet entschieden haben. Viele können sich nicht erklären, warum es beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz nicht weitergeht. Manche sind verzweifelt wegen der hohen Energiekosten. Kein Betroffener kann mehr verstehen, warum sich die Kosten nach so vielen Jahren immer noch nicht reduzieren.
Wie es im Neubaugebiet „Südlich der Rosenstraße“ weitergeht, da inzwischen der Teilplan II ebenfalls baureif ist, werden wir im Auge behalten. Wir bleiben für Sie am Ball und werden unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden halten.
Foto: Portugieserstraße