Interview mit dem Präsidenten des Südwestdeutschen Fußballverbandes Thomas Bergmann – Teil 2
Im Interview von Thomas Bergmann, das von der Redakteurin von NACHRICHTEN REGIONAL in Teil 1 am 14.02.2025 geführt und veröffentlicht wurde, hat der Präsident des Südwestdeutschen Fußballverbandes seine klare Haltung und die Erwartungen an den Profi- und Amateursport geäußert. Der Verband verstehe den Fußball als verbindendes Element, das Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion und sozialer Hintergründe zusammenführe. Mit initiierten Projekten könne der interkulturelle Dialog gefördert und die Vorurteile abgebaut werden. Der SWFV wolle damit an dieser sportlichen und gesellschaftlichen Entwicklung ebenfalls die Verantwortung übernehmen. Wie die Jugendarbeit im Fußball und die Vereine gefördert werden können, darüber steht uns Präsident Thomas Bergmann im 2. Teil unseres Interviews ebenfalls Rede und Antwort. Am 14.02.2025 wurde von NR bereits darüber berichtet, https://nachrichten-regional.de/wie-steht-es-um-den-fussball-in-unserer-gesellschaft/
NR
Oft ist der Amateurfußball bereits im Jugendalter das Sprungbrett, irgendwann einmal ein Fußball-Star zu werden. Dafür gibt es Scouts, die am Rande der Bande Kinder bei Fußballspielen beobachten. Nur einige haben dennoch Glück, später einmal in einer Nationalmannschaft als Profi zu spielen. Wie kann der SWFV helfen, dass der Amateurfußball noch einen Stellenwert hat?
T.B.
Der Amateurfußball ist für einige junge Spielerinnen und Spieler das erste Sprungbrett in den leistungsorientierten Fußball. Doch nur wenige schaffen tatsächlich den Weg bis in den Profibereich oder gar in eine Nationalmannschaft. Umso wichtiger ist es, dass der Amateurfußball weiterhin einen hohen Stellenwert behält – sowohl als sportliche Heimat für die meisten Spielerinnen und Spieler als auch als Basis für Talente, die es in den Profibereich schaffen wollen.
Der SWFV befindet sich in der glücklichen Situation, dass die Zusammenarbeit der Profis und Amateure in vielen Bereichen vorbildlich ist. Beide Bereiche brauchen einander. Wir profitieren von den beiden Profivereinen in unserer Region, dem 1. FSV Mainz 05 und dem 1. FC Kaiserslautern, insbesondere durch deren Nachwuchsleistungszentren (NLZ), die eine hervorragende Ausbildung bieten. Gleichzeitig freuen wir uns, dass die Profivereine in unserem Verbandsgebiet wissen, wie essenziell die Amateurvereine für die gesamte Fußballstruktur sind. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist bei beiden Vereinen uneingeschränkt vorhanden.
Um den Amateurfußball weiterhin attraktiv zu halten, brauchen wir Leuchtturmvereine und eine verstärkte Medienpräsenz. Junge Mädchen und Jungen müssen sehen, dass sich der Weg in den Amateurfußball lohnt – sei es als Spielerin oder Spieler, Trainerin oder Trainer oder ehrenamtlich Engagierte. Ein sichtbarer Profibereich schließt einen starken Amateurfußball nicht aus. Beide Bereiche müssen gemeinsam wachsen, damit Fußball in seiner gesamten Breite und Vielfalt lebendig bleibt.
NR
Die Infrastruktur im Amateurfußball ist veraltet und benötigt enorme Mittel für eine Sanierung. Welche Möglichkeiten sieht der SWFV bei der Finanzierung?
T.B.
Die Infrastruktur im Amateurfußball ist ein wichtiges Thema. Während viele Vereinsheime in einem guten bis sehr guten Zustand sind, gibt es durchaus Bereiche, in denen Verbesserungen notwendig sind – sei es bei Sportplätzen, Umkleiden oder anderen Anlagen. Eine moderne und funktionale Infrastruktur ist entscheidend, um den Fußball in den Vereinen attraktiv zu halten und optimale Bedingungen für Spielerinnen und Spieler, Trainerinnen und Trainer und Ehrenamtliche zu schaffen.
Der SWFV setzt sich aktiv für bessere Rahmenbedingungen ein und unterstützt die zehn Forderungen an die Politik des DFB. Insbesondere der Punkt „Fußball ist auf’m (bespielbaren) Platz“ ist hierbei hervorzuheben. Die Finanzierung solcher Maßnahmen erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Kommunen, dem Land und weiteren Fördergebern. Unser Ziel ist es, Bewusstsein für den dringenden Handlungsbedarf zu schaffen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, um den Amateurfußball zukunftssicher aufzustellen. Hier geht es zu den zehn Forderungen an die Politik: https://www.dfb.de/ueber-uns/forderungen-des-dfb-zur-bundestagswahl-2025
NR
Es muss doch für den SWFV eine ständige Herausforderung sein, dass Nachwuchs im Fußball heranwächst und auch den Vereinen treu bleibt. Können Sie mir eine Zahl nennen, wieviele Kinder und Vereine beim SWFV engagiert sind?
T.B.
Im Teil 1 des Interviews wurde bereits auf die Statistik und die Zahlen hingewiesen. Daraus können auch die Spielerzahlen der DFB-Mitgliederstatistik entnommen werden. https://www.dfb.de/ueber-uns/der-dfb/mitglieder
NR
Auch die Integration von ausländischen Sportlern, insbesondere im Jugendbereich, ist für alle Vereine eine ständige Herausforderung. In den Vereinen ist dies leichter, als im Alltag. Welche Erfahrungen hat der SWFV in diesem Bereich?
T.B.
Die Integration von ausländischen Sportlerinnen und Sportler, insbesondere im Jugendbereich, ist eine kontinuierliche Aufgabe, die im Fußball seit Jahrzehnten erfolgreich gelebt wird – oft, ohne großes Aufsehen zu erregen. Fußball hat den Vorteil, dass der Zugang besonders niedrigschwellig ist: Es braucht keine kostspielige Ausrüstung oder hohe Aufnahmegebühren, sodass Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unabhängig von ihrer Herkunft einfach mitspielen können.
Die Erfahrungen des SWFV in diesem Bereich sind positiv. Gerade im Jugendbereich gibt es viele Mannschaften mit Spielerinnen und Spieler aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen, die gemeinsam auf dem Platz stehen. Der Fußball bietet eine natürliche Plattform für Begegnung, Teamgeist und gesellschaftliche Integration – eine Rolle, die er auch in Zukunft weiter erfüllen wird.
NR
Wie schätzt der SWFV die Arbeit der Trainer und Übungsleiter im Jugendbereich ein? Ich denke dabei nicht nur an den sportlichen Bereich, es ist auch die soziale Komponente gemeint.
T.B.
Die Arbeit der Trainerinnen und Trainer und Übungsleiterinnen und Übungsleiter im Jugendbereich ist von unschätzbarem Wert – sowohl in sportlicher als auch in sozialer Hinsicht. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, indem sie nicht nur fußballerische Fähigkeiten vermitteln, sondern auch wichtige Werte für das gesamte Leben.
Wenn Kinder bei uns Fußball spielen, lernen sie weit mehr als nur Technik und Taktik. Sie erfahren, was Konzentration, Disziplin, Fairness und das Einhalten von Regeln bedeuten. Sie können sich auspowern, gleichzeitig aber auch Verantwortung übernehmen und Teamgeist entwickeln. All diese sozialen Kompetenzen sind essenziell – nicht nur auf dem Platz, sondern auch für ihren weiteren Lebensweg.
Der SWFV schätzt diese Arbeit daher außerordentlich und setzt sich dafür ein, dass Trainerinnen und Trainer und Übungsleiterinnen und Übungsleiter die bestmögliche Unterstützung und Anerkennung erhalten.
NR
Corona hat uns leider viele Austritte aus den Fußballvereinen beschert, insbesondere ist der Jugendbereich davon betroffen. Wie stellt sich die Situation heute aus Ihrer Sicht dar?
T.B.
Die Corona-Pandemie hat dem organisierten Sport und damit auch dem Fußball zweifellos Herausforderungen beschert. Besonders im Jugendbereich gab es in dieser Zeit vermehrt Vereinsaustritte. Allerdings hat sich gezeigt, dass der Fußball als Freiluftsport diese Phase besser überstanden hat als viele Hallensportarten.
Zudem wurde vielen Menschen in der Pandemie bewusst, wie wichtig Bewegung, soziale Kontakte und gemeinsame sportliche Erlebnisse sind. Gerade deshalb erleben viele Vereine heute wieder einen Zulauf an Kindern und Jugendlichen, die den Fußball als Ort der Gemeinschaft und sportlichen Betätigung neu oder wieder für sich entdecken.
Insgesamt sind wir gestärkt aus dieser Zeit hervorgegangen. Die Vereine haben gelernt, flexibel auf Herausforderungen zu reagieren, und die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft ist noch einmal deutlicher geworden.
Wie in der Statistik bereits dokumentiert, sehen Sie die Entwicklung der Jugendmannschaften und hier finden Sie auch die Entwicklung der Schiedsrichterzahlen:
19/20 = 1.308; 20/21 = 1.134, 21/22 = 1.128; 22/23 = 1.234, 23/24 = 1.388; 24/25* = 1.448* Stand 27.01.2025
NR
Eine letzte Frage noch: Ist der SWFV mit seinen vielen Vereinen für die Zukunft gut aufgestellt. Gerade durch den demografischen Wandel wäre hier einiges an Ideen einzubringen. Welche Vorschläge würde der SWFV hierzu machen?
T.B.
Der SWFV stellt sich aktiv der Herausforderung, seine Vereine zukunftssicher aufzustellen – insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel. Um eine nachhaltige Strategie zu entwickeln, wurde ein umfassender Prozess angestoßen: Nach den zehn Kreistagen wurde ein Antrag für den Verbandstag eingebracht, der sich intensiv mit der Zukunft der Verbandsstruktur beschäftigt.
Ein wichtiger erster Schritt war die Befragung von Ehrenamtlern, Trainerinnen und Trainer, Spielerinnen und Spieler und Interessenten, deren Ergebnisse bereits ausgewertet wurden. Darauf aufbauend folgen Vorstandstreffen im gesamten SWFV-Gebiet statt, bei denen die Vereine eingebunden werden, um gemeinsam Erfahrungen auszutauschen und die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Hier gibt es mehr Informationen zu den einzelnen Terminen: https://www.swfv.de/Meldungen/Spielbetrieb/Zukunft-des-M%C3%A4nner-Spielbetriebs-Jetzt-mitgestalten
Die Herausforderung liegt in der Heterogenität unseres Verbandsgebiets. Während Ballungszentren und wachsende Gemeinden mit anderen Voraussetzungen arbeiten, stehen ländliche Regionen vor demografischen Herausforderungen. Deshalb müssen die Lösungen individuell und flexibel gestaltet werden, damit alle Vereine – unabhängig von ihrer Lage und Ligazugehörigkeit – bestmöglich unterstützt werden.
NACHRICHTEN REGIONAL bedankt sich beim Präsidenten Thomas Bergmann für das ausführliche Interview. Wir wünschen ihm in seinem Ehrenamt viel Kraft und Mut bei all seinen Vorstellungen und Entscheidungen, damit der sportliche Erfolg bei der Jugend nicht ausbleibt und die Ansprüche nicht in dem Himmel wachsen.