Perspektiven durch Ausbildung schaffen
Der Oktober ist traditionell der „Monat der Weltmission“. In diesem Jahr steht der Senegal im Mittelpunkt der Aktion. Aus diesem Anlass besucht Kathrin Diop das Bistum Speyer. Sie lebt seit mehreren Jahren in dem westafrikanischen Land, koordiniert dort verschiedene Hilfsprojekte und pflegt die Verbindung zwischen der senegalesischen Diözese Thiès und dem Erzbistum Bamberg, die seit 2007 eine Partnerschaft unterhalten. Bei einem Pressegespräch in Speyer berichtete Diop, die auf Einladung des katholischen Hilfswerkes missio München in Deutschland unterwegs ist, über ihre Arbeit und die Situation im Senegal.
Nur fünf Prozent der 16 Millionen Einwohner sind Christen
In dem westafrikanischen Land leben rund 16 Millionen Menschen, etwa die Hälfte von ihnen ist unter 25 Jahre alt. Zwischen fünf und sechs Millionen Menschen wohnen in der Hauptstadt Dakar. Über 90 Prozent der Einwohner sind Muslime, die in verschiedenen Bruderschaften mit je einem General-Kalifen an der Spitze organisiert sind. Nur fünf Prozent sind Christen. Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit, die guten Beziehungen zwischen den Religionen haben Tradition. „Auch wenn die Christen in der Minderheit sind, werden sie trotzdem gehört“, berichtet Diop. Und wenn es um Bildung oder medizinische Versorgung gehe, heiße es „wenn du krank bist oder eine gute Bildung haben willst, musst du zu den Katholiken gehen.“
Alle Religionsgemeinschaften leben friedlich miteinander
Das Verhältnis der Religionsgemeinschaften zueinander bezeichnet sie „als Dialog des Lebens“. „Die Menschen leben gemeinsam ihren Alltag, unabhängig davon, welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören. Alle Religionsgemeinschaften haben das Ziel, das friedliche Miteinander zu fördern“, betont Diop. Bei Konflikten setzten sich alle religiösen Leiter, ob General-Kalif oder Bischof, für eine Befriedung ein. An erster Stelle im Leben der Menschen im Senegal stehe immer die Familie und erst dann komme die Religion. Auch gebe es innerhalb vieler Familien Angehörige verschiedener Religionen.
Kinder müssen französisch lernen
Obwohl rund 80 Prozent der Bevölkerung des Senegals in der Landwirtschaft tätig ist, werden in diesem Sektor nur 17 Prozent des Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet, 24 Prozent kommen aus der Industrie und 59 aus dem Dienstleistungssektor, wie Diop erklärt. Für Kinder von sechs bis 16 Jahren gilt die Schulpflicht. In Anlehnung an die frühere Kolonialmacht entspricht das Schulsystem dem französischen und auch der Unterricht ist in der Amtssprache Französisch. „Das heißt, die Kinder werden in einer Sprache unterrichtet, die sie nicht kennen“, sagt Diop. Und das bringt Probleme mit sich, denn eigentlich wachsen sie mit ihrer eigenen Sprache auf. Insgesamt gibt es sechs Nationalsprachen, die je nach Ethnie gesprochen werden. „Es ist deshalb wichtig, dass die Kinder möglichst auch eine Kita besuchen, weil sie dort im dritten Jahr schon Französisch lernen.“
Viele junge Menschen wollen nach Europa kommen
Trotz Schulpflicht gehen aber nicht alle Kinder zu Schule. „Je weiter man nach Osten im Land kommt, desto schlechter wird die Infrastruktur und auch das Angebot an Schulen“, berichtet Diop. Ein weiteres Problem im Bildungsbereich sei die „Überakademisierung“. Es seien kaum Möglichkeiten zur praktischen Ausbildung und für die vielen Absolventen der Universitäten keine geeignete Arbeitsplätze vorhanden. Die Arbeitslosigkeit sei sehr hoch und den jungen Menschen fehle es an Perspektiven. „Das beinhaltet die Gefahr der Migration. Viele junge Menschen haben deshalb das Ziel nach Europa zu kommen.“
Projektziel: Perspektiven vor Ort schaffen
Das Ziel von Projekten, die Diop als Projektmanagerin im Senegal betreut und begleitet, ist deshalb auch, vor Ort Perspektiven für die jungen Menschen zu schaffen sowie Möglichkeiten für praktische Ausbildungsgänge zu initiieren. Gerade erfolgreich abgeschlossen wurde zum Beispiel ein dreijähriger Ausbildungskurs zum Solar-Energietechniker in der Stadt Thiès, der in Kooperation der Caritas der Diözese Thiès, des Ordens der Salesianer Don Bosco und der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit umgesetzt wurde. Ihre Kenntnisse können die Absolventen dann unter anderem in einem gerade laufenden anderem Projekt der Diözese Thiès, bei dem Solaranlagen für Brunnen-Pumpen oder zur Stromversorgung gebaut werden, anwenden und die Wartung dieser Anlagen übernehmen. Andere Vorhaben, wie der Bau eines Jugendzentrums, dienen ebenfalls der Qualifizierung und Stärkung junger Menschen.
Kathrin Diop als Brückenbauerin der Deutschen Partnerschaft
Initiiert werden die Projekte, die Kathrin Diop als Koordinatorin und Projektmanagerin im Senegal betreut und begleitet, von der senegalesische Diözese Thiès und unterstützt von ihrem deutschen Partnerbistum Bamberg und anderen kirchlichen Organisationen. „Meine Funktion ist es dabei als „Brückenbauerin“ zwischen den verschiedenen Partnern zu wirken“, erklärt Diop. Die Partnerschaft zwischen der deutschen und der senegalesischen Diözese ist für sie auch ein Weg des „gegenseitigen Lernens“. Sie möchte die Menschen vor Ort im Senegal so schulen, dass diese selbst dann wiederum Projekte in eigener Verantwortung durchführen können. Umgekehrt gehört für Diop zu der Partnerschaft auch, dass Priester aus dem westafrikanischen Land im Erzbistum Bamberg tätig sind und hier über ihr Heimatland berichten.
Sonntag der Weltmission
Höhepunkt des Monats der Weltmission ist der Sonntag der Weltmission, der in diesem Jahr am 24. Oktober gefeiert wird. In diesem Jahr wird im Bistum Speyer dieser Tag mit einem Pontifikalamt im Dom zu Speyer mit Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, Weihbischof Otto Georgens und dem neuen Bischof von Cyangugu, der ruandischen Partnerdiözese des Bistums Speyer, Bischof Édouard Sinayobye, gefeiert. Édouard Sinayobye besucht das Bistum im Rahmen seines Europa-/Deutschlandbesuchs.
Der Sonntag der Weltmission wurde 1926 von Papst Pius XI. eingeführt und ist eine der großen Solidaritätsaktionen der katholischen Kirche weltweit. Die Kollekte kommt den Kirchen in aller Welt zugute. Gleichzeitig beten die Gläubigen weltweit füreinander. Sie setzen damit ein Zeichen, dass Kirche nicht allein die Kirche in der eigenen Stadt oder dem eigenen Dorf meint, sondern eine weltweite Gemeinschaft ist. Der Sonntag der Weltmission steht in diesem Jahr unter dem Leitwort „Lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun“.
Das Hilfswerk missio München
Seit 180 Jahren engagiert sich missio München für das Leben in Kirche und Gesellschaft. Das Internationale Katholische Missionswerk fördert den vielfältigen Einsatz der Ortskirchen und stärkt auf diese Weise das weltweite Netzwerk der katholischen Kirche. Folgende Bereiche bilden die Basis für eine nachhaltige Projektarbeit: Stärkung der Ortskirche, Ermöglichung von Bildung, Friedensförderung, Gesundheitssicherung, Schaffung von Lebensgrundlagen, Bewahrung der Schöpfung und Nothilfe.
Weitere Informationen zum Sonntag der Weltmission und zu missio: www.missio.com
Bildunterschrift: Kathrin Diop und Christoph Fuhrbach, Referent für weltkirchliche Aufgaben im Bistum Spe