Auch die Haßlocher Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ meldete sich zu Wort
Bis nach Frankfurt ist die Leiterin der Haßlocher Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“, Karin Hurrle, gereist, um mehr über „Vermeidung von Zwang“ in der Psychiatrie auf der Fachtagung zu erfahren, die von der Stadt Frankfurt organisiert wurde. Doch es gab nichts Neues, was nicht schon alle wissen. Es fehlt an qualifiziertem Personal in Psychischen Einrichtungen, Betroffene werden in der „Geschlossenen Anstalt“ nicht gut behandelt, es werden zu viele Medikamente verabreicht und es finden „Fixierungen“ an Menschen gegen ihren Willen statt. Bei einer Podiumsdiskussion wurden Betroffene interviewt und es wurden viele Punkte von der jungen anwesenden Chefärztin Dr. med. Sophie Hirsch entkräftet, die die Abteilung für Psychiatrie und Physiotherapie im ZfD Südwürttemberg, leitet. Und die Leiterin des Referats „Psychiatrische Versorgung und Maßregelvollzug“ im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration, Susanne Nöcker, betonte immer wieder, dass man großen Wert auf gesunde Menschen in unserer Gesellschaft legt.
Dr. Lucia Schmidt, Ärztin und Redakteurin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, die die Fachtagung moderieren sollte, war kurzfristig erkrankt. Und Stadtratsmitglied Stefan Majer, der auch Gesundheitsdezernent bei der Stadt Frankfurt ist, hat über eine Leinwand zum anwesenden Publikum gesprochen. Im anschließenden Plenum am späten Nachmittag wurde dann diskutiert, wie alles umzusetzen ist. An dem Plenum hat die Haßlocher Selbsthilfegruppe nicht mehr teilgenommen. Doch auch hier blieb die Frage offen, wie es künftig in der Psychiatrie weiter gehen soll. Was nun? Fragen sich nicht nur Betroffene und Fachleute, wenn immer mehr Krankenhäuser fusionieren und geschlossen werden? Eines blieb dennoch an diesem Nachmittag unbeantwortet: Sind Psychiatrische Anstalten die Zukunft unseres Landes? Immer mehr Menschen (ob jung oder alt) landen beim kleinsten Konflikt in der Psychiatrie, wurde in der Runde diskutiert. Die Statistik zeigt: Immer wieder sind für solche Fälle Polizei und Justiz gefragt. Durch falsches Vorgehen und falsche Handlungen der Staatsgewalt landen Betroffene in der Psychiatrie?
Dennoch: Während der Diskussionsrunde, an der Betroffene, Angehörige und Fachleute zu Wort kamen, meldete sich auch Bernhard Pallmann, ein jahrelanger Beobachter von „Psychiatrie-Geschädigten“. Er war nicht nur am „Fall Mollath“ in Bayern interessiert, er kennt den Fall auch im Detail und Pallmann ist auch kein Unbekannter in Bayern. Er ist ein Blogger, der seine Berichte über twitter, facebook und LinkIn postet, wie unter https://civilcourageblog.wordpress.com. Über einen Fall von ihm hat auch Gudrun Rödel in ihrem Buch „Weggesperrt“ geschrieben. NACHRICHTEN REGIONAL hatte am 19.03.2021 https://nachrichten-regional.de/weggesperrt-erste-lesung-der-autorin-gudrun-roedel-erfolgreich/darüber berichtet. Auf jeden Fall konnte sich die Haßlocher Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ mit Bernhard Pallmann über ein neu einzurichtendes Netzwerk unterhalten. Auch Karin Hurrle als Leiterin der Haßlocher Selbsthilfegruppe stellte während der Diskussionsrunde kritische Fragen, die allerdings niemand hören wollte. Nicht einmal die Betroffenen auf dem Podium, die wir namentlich nicht nennen wollen.
Noch am Rande dieser Veranstaltung wurden auch Kontakte mit dem Landesverband Psychiatrie-Erfahrene Hessen e.V., Karla Keiner, geknüpft, um zu überlegen, wie man psychisch kranken Menschen in Kliniken helfen kann. In einem Gespräch mit ihr erfahren wir, wie wichtig für Betroffene Genesungsbegleiter sind. Anhand von einigen Beispielen erfährt auch die Redaktion von NACHRICHTEN REGIONAL, was abläuft, wenn psychisch kranke Menschen, die nicht richtig behandelt wurden, von der Polizei abgeholt und in die geschlossene Psychiatrie eingeliefert werden. Dabei bleiben FIXIERUNGEN meist nicht aus, weil zuvor keine Hilfe von den zuständigen Stellen kam.
Keiner hält es daher für wichtig, dass es weiterhin Genesungsbegleiter für Betroffene gibt, die derzeit nur ehrenamtlich tätig sind. Auch solche wichtigen Personen sollten für ihre Arbeit einen kleinen Obolus bekommen, meint sie. Genesungsbegleiter*innen sind Menschen, die selbst eine psychische Erkrankung hatten oder haben, und vor diesem Hintergrund Psychisch Kranke bei ihrem Genesungsprozess unterstützen. Es gibt dafür auch die Bezeichnung Ex-In-Genesungsbegleiter*in oder Ex-In-Erfahrungsexpert*in steht für eine Person, die in der Rolle eines Patienten selbst in psychiatrischer Behandlung war und eine Ex-In-Schulung abgeschlossen hat. In dieser neuen Rolle helfen sie anderen Menschen durch ihre Krisen hindurch, siehe der Link hierzu: https://de.wikipedia.org/wiki/Ex-In
.