Ob Tafel oder Lebensmittelrettung – In Haßloch ist keine Entspannung in Sicht
Für die Tafel ist es schwer geworden, alle Bedürftigen derzeit bedienen zu können. Schon seit längerer Zeit herrscht Aufnahmestopp in den Vergabestellen, weil es nicht mehr genügend Ware zu verteilen gibt. Bei den Haßlocher Lebensmittelrettern ist Stillstand, weil es keine Verantwortlichen gibt, die den derzeitigen Missständen einen Riegel vorschieben wollen. Obwohl vom Grunde her die Lebensmittelrettung eine gute und wichtige Sache ist, damit Waren nicht im Müllcontainer landen, scheint dennoch einiges im Argen zu liegen. Nach neuesten Hinweisen, soll sich die Haßlocher Lebensmittelrettung aus der Organisation Foodsharing herausgelöst haben. Dort gibt es nämlich ein Regelwerk, wie die Lebensmittelretter vorzugehen haben. Doch es fehlt die Kontrolle, dass die Lebensmittelrettung nicht zum Selbstbedienungsladen wird, sondern die Ware bei wirklich Bedürftigen ankommt. Nachrichten Regional hatte mehrmals über die Problematik berichtet, das letzte Mal am 26.09.2022, https://nachrichten-regional.de/hasslocher-lebensmittelrettung-und-tafel-in-konkurrenz/
Lebensmittelverteilung: Wo Licht ist, ist auch Schatten
Der Grundgedanke der Tafel ist, notleidenden Menschen zu helfen, wobei die Lebensmittelrettung freiwillig ist, und zwar, Ware vor der Mülltonne zu retten. Zwei unterschiedliche Grundsätze, einmal aus ökonomischer Sicht, also gegen die Verschwendung, und der Grundgedanke der Tafel ist eine soziale Aufgabe, die vom Staat an solche Institutionen abgegeben wurden. Im Jahre 1993 gründete sich die erste deutsche Tafel. Inzwischen gibt es fast 1000 Tafeln bundesweit. Sie sind damit die größte sozial-ökonomische Bewegung in Deutschland, die Lebensmittel rettet und an von Armut betroffene Menschen weitergibt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Nicht immer geht es überall geordnet zu. Wo Menschen im Einsatz sind, die von der Armut am meisten betroffen sind, lauern immer wieder Versuchungen. Wenn keiner der Verantwortlichen ein Machtwort spricht, wenn doch einmal in den großen Warenkorb gegriffen wird, die Konsequenzen zudem ausbleiben, solange kann keine Veränderung eintreten. Denn Vertrauen und der Umgang mit der Verteilung der Ware muss geschult werden. Dort wo Menschen diesen Gefahren ständig ausgesetzt sind, muss ein Regelwerk geschaffen werden. Bei Verstößen, ob bei den Tafeln oder bei Lebensmittelrettern, sollte ein Kontrollgremium eingeführt werden. Denn, wie schon ein altes Sprichwort sagt: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. So auch ein Fall vor Jahren bei der Tafel Neustadt-Haßloch, wo Ware und Lebensmittel vor der Verteilung an Bedürftige einfach verschwunden sind. Nachrichten Regional hatte am 31.05.2018 darüber berichtet, https://nachrichten-regional.de/bei-tafel-neustadt-hassloch-sollen-lebensmittel-verschwunden-sein/
Sowohl bei der Tafel, als auch bei der Lebensmittelrettung müssen Regeln eingehalten werden
Doch bei der Lebensmittelrettung in Haßloch geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Mehrmals hatte Nachrichten Regional darüber berichtet. Insbesondere in Haßloch scheint der „Wurm“ drin zu sein. Unsere Redaktion hat sich deshalb einmal auf Spurensuche begeben und folgendes in Erfahrung gebracht:
Die Lebensmittelrettung ist eigentlich aus dem Engagement von Foodsharing entstanden, das im Juni 2012 vom Kölner Filmemacher Valentin Thurn ins Leben gerufen wurde. Ende des gleichen Jahres ging die Seite foodsharing.de online mit Informationen über Lebensmittelverschwendung. Es wurde zu diesem Zeitpunkt auch die Idee geboren, Lebensmittel über Essenskörbe zu verteilen. 2014 fusionierte der foodsharing e.V. mit der Lebensmittelretter-Bewegung. Seitdem werden neben den Essenskörben auch das Retten und Abholen von Essen bei Lebensmittelbetrieben über foodsharing.de organisiert.
Auch bei Foodsharing herrschen entsprechende Regeln. So sollen Backwaren nicht mit schmutzigen Händen, sondern mit einem Handschuh angefasst werden. Nicht-gekühlte Kühlwaren dürfen hingegen nur mit Vorsicht und nur unter besonderen Bedingungen weitergegeben werden. Bei den Lebensmittelrettern sind auch gewisse Hygienevorschriften zu beachten. So sollte vor jeder Abholung jegliche Art von Schmuck an Unterarmen und Händen abgelegt werden. Und nach jedem Kontakt zu rohen Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse, rohes Fleisch, Eier, Milch und Käse sowie zu unsauberen oder möglicherweise kontaminierten, verdorbenen Lebensmitteln sollten die Hände gereinigt werden; trägt man Handschuhe, dann sollten diese gewechselt werden. So lauten die Vorschriften bei der Lebensmittelrettung. Entscheidend sei dabei auch gesunde Haut, denn nur sie stelle eine wirksame Barriere gegenüber Krankheitserregern dar. So könnten zum Beispiel winzige Risse und Verletzungen – selbst wenn sie mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind – schon Schlupfwinkel für Krankheitserreger sein, heißt es in den weiteren Vorschriften.
Doch wer kontrolliert diese Vorschriften?
Wo kein Kläger, dort kein Richter. Doch auch Foodsharer unterliegen gewissen Regeln. Wenn er gegen diese verstößt, drohen ihm Konsequenzen, wenn damit die Lebensmittelrettung in ein schlechtes Licht gerückt wird. Dies kann von Suspendierung bis zur Sperrung des Accounts reichen. Die Sperrung des Accounts ist eine letzte Konsequenz für Situationen, in denen jemand als Foodsaver oder Foodcharer wirklich nicht mehr tragbar ist. Auch wenn durch Diebstahl eine Straftat begangen wurde, lasse dies eine vertrauensvolle Zusammenarbeit kaum noch zu. Dies treffe dann zu, wenn ständig die Grundsätze von Foodsharing verletzt würden.
Leider wurde unsere Presseanfrage an die Haßlocher Bürgerstiftung immer noch nicht beantwortet. Von dem Vorsitzenden wollten wir wissen, ob die Bürgerstiftung offiziell die Lebensmittelrettung als Projekt eingestellt hat. Dies interessiert mittlerweile auch viele Bürgerinnen und Bürger, weil dafür triftige Gründe vorliegen müssen.
In Bezug auf die Haßlocher Lebensmittelrettung bleiben wir daher weiterhin für Sie am Ball. Wir werden unsere Leserinnen und Leser mit unseren aktuellen Informationen auf dem Laufenden halten.