Polizei muss nachziehen?
Die sächsische Staatsregierung will künftig mehr Informationsangebote über den sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) anbieten und somit das Prinzip der Versöhnung statt Strafe stärken. Vor einigen Tagen wurden die Evaluationsstudie und die Ergebnisse aus diesem Forschungsprojekt in Meissen vorgestellt. Eine ähnliche Veranstaltung hatte die Deutsche Hochschule der Polizei bereits am 8. bis 10. Mai 2023 in Münster durchgeführt, wo Referenten, wie Generalstaatsanwälte, Staatsanwälte und Richter zu diesem Thema zu Wort kamen. Im Freistaat Sachsen herrscht im bundesweiten Vergleich weiterhin eine zurückhaltende Anwendung des TOA. Der Statistik zufolge liegt der Freistaat auf den hinteren Plätzen, Spitzenreiter ist Nordrhein-Westfalen. Die Idee zum Täter-Opfer-Ausgleich konnte auch in der 94. Justizministerkonferenz im Mai 2023 in Berlin von Sachsen per Antrag wie folgt eingebracht werden: „ Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich mit den Mechanismen zur Schadenswiedergutmachung im deutschen Straf- und Strafverfahrensrecht, insbesondere dem Täter-Opfer-Ausgleich (TOA), mit dem Potential alternativer Wiedergutmachungsverfahren und dem Rechtsgedanken des Restorative Justice im Strafrecht befasst. Sie stimmen überein, dass es zur Ausnutzung des mit der Schadenswiedergutmachung und insbesondere des TOA verbundenen Potentials für die Strafrechtspflege sinnvoll ist, auf Länderebene bestehende Gestaltungsspielräume zu nutzen und den länderübergreifenden Austausch im Sinne einer Best Practice zu verstärken“. Der Antrag fand allerdings keine Zustimmung.
Seit 1994 ist der TOA in § 46a StGB ausdrücklich im allgemeinen Strafrecht geregelt. Die §§ 155a, 155b StPO stellen die prozessualen Grundnormen des TOAs dar. Er ist eine Ausprägung des Wiedergutmachungsgedankens und soll eine alternative Reaktion auf Straftaten sein. Der Fokus liegt dabei auf dem Kommunikationsprozess zwischen Täter und Opfer. Der Täter soll zeigen, dass er Verantwortung übernimmt.
Forschungsprojekt der Uni Leipzig muss fortgeschrieben werden
Ein Team der Universität Leipzig analysierte unter anderem, in welchen Ermittlungsverfahren ein TOA erfolgte und welche Herausforderungen im Umgang mit diesem Instrument aufgetreten sind. Die Justiz wandte den TOA in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend an, so das Ergebnis des Forschungsprojekts. Grund dafür sei unter anderem das fehlende Wissen über das Instrument – sowohl bei der Polizei als auch bei den Opfern selbst. Im Focus der sächsischen Justizministerin Katja Meier steht, unter anderem regelmäßige Informationsangebote über den TOA für Staatsanwaltschaften, Gerichte und Polizei zu schaffen. Im Ergebnis dieser Vorgehensweisen will man erreichen, dass Gerichte und Haftanstalten vermehrt entlastet werden könnten, wenn der TOA mehr angewendet wird. Jedenfalls hat es sich die Sächsische Staatsregierung im Koalitionsvertrag für die Jahre 2019 bis 2024 unter anderem zum Ziel gesetzt, alternative Wiedergutmachungsformen wie den TOA zu stärken und weiterzuentwickeln.
Das Zentrum für kriminologische Forschung Sachsen e.V. (ZKFS) hat in Kooperation mit den Autorinnen und Autoren Professorin Dr. Elisa Hoven, Anja Rubitzsch und Jan Schriever eine Studie zur Evaluation des Täter-Opfer-Ausgleichs in Sachsen durchgeführt, die mit Mitteln des Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) gefördert wurde. Im Rahmen der Studie wurde unter anderem analysiert, in welchen Ermittlungsverfahren ein Täter-Opfer-Ausgleich erfolgte und welche Herausforderungen im Umgang mit diesem Instrument aufgetreten sind. Justizministerin Katja Meier hatte am 3. Mai, gemeinsam mit einer der Autorinnen und Autoren der Studie, Prof. Dr. Hoven, die Studie und deren Ergebnisse vorgestellt. Wünschenwert ist von allen Seiten, dass dieses Forschungsprojekt fortgeschrieben wird.
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Foto: Justizministerium Sachsen ((© SMJusDEG I Daniel Meißner)
v.l.n.r.: Susanne Burkhardt (Mediatorin im Verein für soziale Rechtspflege Dresden e.V.), Justizministerin Katja Meier, Prof. Dr. Elisa Hoven (Universität Leipzig)