Pfarrer aus Mainz soll vor Abschiebung einer Familie aus dem Westerwald gewarnt haben – Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Koblenz ließ Wohnung des Pfarrers durchsuchen Mainz. Ein in der Flüchtlingshilfe engagierter evangelischer Pfarrer aus Mainz sieht sich mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen konfrontiert. Ihm wird nach Recherchen des SWR vorgeworfen, dass er dazu beigetragen haben soll, eine fünfköpfige Flüchtlingsfamilie aus dem Westerwald vor einer bevorstehenden Abschiebung im November gewarnt zu haben. Dabei handelt es sich nach SWR-Informationen um den Mainzer Flüchtlingspfarrer im Ruhestand Friedrich Vetter, der als Vertreter der Evangelischen Kirchen und Diakonischen Werke in Rheinland-Pfalz Mitglied der Härtefallkommission des Landes ist. Die Staatsanwaltschaft Koblenz bestätigte dem SWR schriftlich entsprechende Ermittlungen wegen des „Verdachts der Beihilfe zu einem unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet“. Auf Beschluss der zuständigen Ermittlungsrichterin des Amtsgerichts Koblenz sei die Wohnung des Pfarrers in Mainz am 23. November 2018 durchsucht und Beweismaterial sichergestellt worden. Laut der Behörde sollte die Flüchtlingsfamilie – ein Ehepaar mit drei Kindern – am 19. November 2018 in die Russische Föderation abgeschoben werden. Am Tag der Abschiebung hätten die Behörden deren Wohnung jedoch geräumt vorgefunden. Vor Ort hätten Beamte ein Schriftstück vorgefunden, in dem „der Mann aus Mainz“ einem 68-jährigen Flüchtlingshelfer mitgeteilt habe, dass der Abschiebeflug für die Familie „für November 2018“ angesetzt sei. Weiter heißt es in der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft: „Dieser Umstand begründet den Anfangsverdacht, dass der Beschuldigte aus Mainz die Information über die bevorstehende Abschiebung der Familie an den 68 Jahre alten Beschuldigten weitergeleitet hat, um der Familie ein rechtzeitiges Untertauchen zu ermöglichen.“ Auch gegen den Flüchtlingshelfer aus dem Westerwald werde ermittelt. Grundlage sei § 27 des Strafgesetzbuches (Beihilfe zu einer Straftat). Im Interview mit dem SWR wies Vetter den Vorwurf zurück, die Familie gezielt vor einer Abschiebung gewarnt zu haben. Er habe lediglich dem Flüchtlingshelfer vor Ort mitgeteilt, der Asylantrag sei abgelehnt worden und die Abschiebung würde in die Wege geleitet. Vetter hatte den Fall zuvor der Härtefallkommission vorgelegt. Unter anderem seien der Familienvater und ein Kind schwer krank gewesen. Nachdem der Antrag für unzulässig befunden worden sei, habe er den Flüchtlingshelfer davon in Kenntnis gesetzt. „Dies ist seit Jahren gängige Praxis und wurde niemals moniert. Ich finde es einen Akt des Vertrauens, wenn man Flüchtlingshelfer entsprechend darüber informiert, was los ist“, sagte Vetter im Interview mit dem SWR. Ihm seien aus den vergangenen Jahren keine weiteren Fälle bekannt, in denen aufgrund entsprechender Weitergabe von Informationen Flüchtlinge untergetaucht seien. Vetter räumte im SWR-Interview ein, in dem Schreiben an den Flüchtlingshelfer den Monat „November“ als Zeitraum für die Abschiebung genannt zu haben. Er bestätigte dem SWR, dass die Polizei inzwischen eine Hausdurchsuchung bei ihm durchgeführt und Unterlagen zu dem Fall sichergestellt hat. Vetter erklärte dazu im Interview: „Das war völlig unverhältnismäßig. Offensichtlich will man in der Flüchtlingshilfe engagierte Personen einschüchtern. Ich werde jedoch mein Engagement unvermindert weiterführen. Den Ermittlungen sehe ich gelassen entgegen.“ Die Verwaltung des Westerwaldkreises teilte dem SWR auf Anfrage schriftlich mit, sie könne bestätigen, „dass die geplante Abschiebung nicht erfolgreich durchgeführt wurde“. Wegen laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gebe man derzeit keine weiteren Auskünfte. (red.)