Freilassung des inhaftierten Bloggers Raif Badawi gefordert
REPORTER OHNE GRENZEN hatte am vergangenen Donnerstag in einer Mahnwache vor der Botschaft des Königsreichs Saudi-Arabien in Berlin an die „Pressefreiheit“ erinnert und forderte gleichzeitig die Freilassung des Bloggers Raif Badawi. Vor beinahe acht Jahren – am 17. Juni 2012 – ist in Saudi-Arabien der damals 28-jährige Blogger Raif Badawi verhaftet worden. Sein Verbrechen: Er hatte ein Online-Diskussionsforum zu Liberalismus ins Leben gerufen, und er hatte in seinen Veröffentlichungen die religiösen Institutionen des wahabitischen Königreichs kritisiert. Im Mai 2014 sei Badawi unter anderem wegen „Beleidigung des Islam“ zu zehn Jahren Gefängnis, 1.000 Stockhieben, zehn Jahren Ausreiseverbot und einer Geldstrafe verurteilt worden. Die öffentliche Vollstreckung der ersten 50 Stockhiebe habe einen internationalen Aufschrei der Empörung ausgelöst. Weitere 950 Stockhiebe hätten sehr wahrscheinlich eine langsame, qualvolle Hinrichtung bedeutet. Nach der heftigen internationalen Kritik sei ihre Vollstreckung jahrelang immer wieder aufgeschoben worden. 2017 wurde der ursprünglich als Reformer geltende Mohammed bin Salman zum Kronprinzen ernannt. Doch seine Regentschaft ist von einer Repressionswelle gegen Kritikerinnen und Kritiker gekennzeichnet, teil ROG mit. Aktuell sitzen 32 Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis oder stehen unter Hausarrest, einige von ihnen seit Jahren. Es gebe Berichte von Misshandlungen und Folter. Im Oktober 2018 ermordeten Agenten Saudi-Arabiens den Exil-Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul. Kronprinz Mohammed bin Salman leugne bis heute, von dem Mord gewusst zu haben und versuche ein weltoffenes Image seines Landes zu propagieren. Öffentlichkeitswirksame Inszenierungen sollen eine vermeintliche Liberalisierung zeigen, dabei wird erst recht deutlich, wie repressiv das Regime ist. Es wird eine vorsichtige Öffnung für den Tourismus zelebriert und Frauen werden nicht mehr grundsätzlich vom Autofahren ausgeschlossen – während jene Bloggerinnen weiter im Gefängnis sitzen oder unter Hausarrest stehen, die genau dies seit Jahren gefordert hatten. Aktuell hat Saudi-Arabien die G20-Präsidentschaft inne. Im November will das Königreich dies mit einem Gipfel in der Hauptstadt Riad krönen und hofft darauf, glanzvolle Bilder zu produzieren. Nur sehr wenig ist darüber bekannt, wie es Raif Badawi in Haft geht. Selbst die normalerweise wöchentlichen Anrufe seiner mittlerweile in Kanada lebenden Familie werden teils offenbar monatelang unterbunden. Vergangenen Dezember soll Badawi in Isolationshaft gesteckt worden sein, im März kam er nach einem Hungerstreik offenbar ins Krankenhaus. Und doch gibt es immer wieder Anzeichen, dass selbst das repressive Königreich Saudi-Arabien nicht immun gegen Kritik ist: Ende April schaffte es endlich die Bestrafung durch Stockhiebe ab. Zumindest diese besonders grausame Art der Bestrafung dürfte Raif Badawi nun endgültig erspart bleiben. Seit Jahren setzt sich REPORTER OHNE GRENZEN (ROG) weltweit für Raif Badawi ein und steht dabei eng an der Seite seiner Frau Ensaf Haidar. Am 17. Juni 2020 hatte ROG eine Mahnwache vor der saudi-arabischen Botschaft in Berlin abgehalten. Dies sollte zeigen, dass Raif Badawi nicht vergessen ist. ROG bittet um Unterstützung ihres Einsatzes für verfolgte und zu Unrecht inhaftierte Kolleginnen und Kollegen. Mit Ihrer Spende oder Ihrer Mitgliedschaft können Sie dieses Engagement unterstützen. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag für Presse- und Informationsfreiheit. (red.) Foto: ROG