Laut Pressemitteilung des Bundesministerium der Justiz in Berlin, wird der Rechtsschutz in Deutschland noch besser. Die Zivilgerichte werden häufiger mündlich verhandeln. Die mündliche Verhandlung sei der Dreh- und Angelpunkt im Prozess. Hier können die Parteien ihren Standpunkt offen mit den Richtern diskutieren. Gerade in zweiter Instanz wurden bislang viele Fälle im schriftlichen Verfahren entschieden. Das neue Gesetz stellt sicher, dass die Richter über alle wichtigen Fälle mit den Beteiligten persönlich reden. Die Richter dürfen nur noch im schriftlichen Verfahren entscheiden, wenn die Berufung offensichtlich aussichtslos ist.
Ab 27. Oktober gibt es auch ein neues Rechtsmittel. Bisher wurde in der zweiten Instanz häufig durch unanfechtbaren Beschluss entschieden. Dann war der Prozess beendet, ohne dass es weitere Rechtsmittel gab, selbst wenn es um große Summen ging. Damit ist jetzt Schluss. Die Rechtsprechung der Berufungsgerichte steht für Streitwerte über 20.000 Euro jetzt immer unter höchstrichterlicher Kontrolle.
Zum Hintergrund:
Berufungsgerichte waren bislang nach § 522 Absatz 2 ZPO verpflichtet, die Berufung in klaren Fällen ohne mündliche Verhandlung und ohne weitere Anfechtungsmöglichkeiten zurückweisen. Die von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vorgeschlagene Neuregelung stärkt die mündliche Verhandlung und baut den Rechtsschutz aus:
Auch im Berufungsverfahren muss jetzt immer mündlich verhandelt werden, wenn eine mündliche Erörterung des Rechtsstreits geboten ist – zum Beispiel wegen der existenziellen Bedeutung des Rechtsstreits für eine Partei -, selbst wenn die Sache aussichtslos erscheint und keine Grundsatzbedeutung hat. Die Schwelle für eine Prozessbeendigung durch unanfechtbaren Beschluss wird heraufgesetzt. Künftig kann dies nur noch geschehen, wenn die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, während bislang Offensichtlichkeit nicht gefordert wurde. Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde wird eingeführt. Selbst wenn eine Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen wird, kann dagegen künftig ab einer Beschwerde von 20.000 Euro Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden. Damit werden Zurückweisungsbeschlüsse unter den gleichen Voraussetzungen wie heute schon Berufungsurteile anfechtbar. Damit werden zugleich regionale Unterschiede im Rechtsschutz beseitigt.
Die Gesetzesänderung beseitigt zugleich regionale Unterschiede im Rechtsschutz. Bisher wurde von Gericht zu Gericht sehr unterschiedlich von der Vorschrift Gebrauch gemacht, Berufungen durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Während in bestimmten Gerichtsbezirken mehr als jede vierte Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen wurde, war es in anderen Regionen nicht einmal jede zehnte. Mit dem neuen Gesetz wirken sich die regionalen Unterschiede nicht mehr aus. Es gibt die gleichen Rechtsmittel, egal ob die Entscheidung durch Urteil oder Beschluss ergeht. Der Gerichtsort entscheidet nicht mehr über die Qualität des Rechtsschutzes.
Das Gesetz wurde am 26. Oktober 2011 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt am 27. Oktober 2011 in Kraft. (red.)