Wurde durch Schweigegeldszahlungen Loyalität erkauft??
Die Volkswagen Group of America zahlte nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung zwischen Januar 2015 und Juli 2017 sogenannte Bleibe-Boni an insgesamt 148 Mitarbeiter. Die Gesamtsumme beläuft sich auf rund 4,5 Millionen US-Dollar, den höchsten Betrag von 450.000 Dollar erhielt Audi-Amerika-Chef Scott Keogh. Unter den Empfängern sind den Recherchen zufolge Manager, die eng in die Abläufe des Dieselskandals eingebunden waren, wie etwa der langjährige VW-Amerika-Chefjustiziar David Geanacopoulos. Auch wichtige Zeugen stehen auf der Liste. Mindestens zehn der Bonusempfänger wurden bereits als Zeugen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal in den USA vernommen. Ein Bleibe-Bonus wird dem Mitarbeiter in Aussicht gestellt, aber nur dann gezahlt, wenn der Angestellte nach dem Ablauf eines vereinbarten Zeitraums noch immer im Unternehmen arbeitet.
„Das sieht nach einem Schweigegeld aus – danach, dass Loyalität erkauft wird – nicht im Sinne der Wahrheit, sondern im Sinne der Firma“, kritisiert der US-Anwalt Michael Hausfeld, der seit Bekanntwerden der Abgasaffäre enttäuschte VW-Kunden vertritt. Volkswagen bestreitet auf Anfrage nicht, dass es solche Zahlungen gegeben hat: „Es ist richtig, dass im Zuge der Diesel-Krise im Herbst 2015 mit einer Reihe hochqualifizierter Mitarbeiter, die wichtig für das Unternehmen waren und sind, Retention Bonus-Vereinbarungen getroffen wurden – teilweise auch erstmalig“, teilte das Unternehmen mit. VW habe in dieser Situation jedoch lediglich wichtige Mitarbeiter und deren Know-how halten wollen. „Diese Gratifikationen mit einem ‚Schweigegeld‘ zu vergleichen, entbehrt jeglicher Grundlage und ist völliger Unsinn“, so ein VW-Sprecher. Die Mitarbeiter seien bei den US-Ermittlungen verpflichtet, wahrheitsgemäß auszusagen. Sonst drohten ihnen hohe Strafen. Im übrigen sei die Zahlung von Bleibe-Boni ein in den USA übliches Vorgehen.
Solche Zahlungen sind tatsächlich in den USA üblich. Allerdings profitierten von den Zahlungen auch zwei VW-Manager, die maßgeblich an der umstrittenen „Affenstudie“ in den USA beteiligt waren, von der sich der Konzern kürzlich vehement distanziert hatte. Geanacopoulos war der VW-Jurist, der die Durchführung der Studie mit Abgas-Experimenten an Affen genehmigt hatte. Er erhielt bei einem Jahresverdienst von rund 800.000 Dollar einen Bonus von 150.000 Dollar. Auch der US-VW-Manager Stuart Johnson steht auf der Liste der Bonusempfänger, er erhielt 60.000 Dollar – rund ein Drittel seines Jahresgehalts. Johnson hatte das Labor für die Affentests vor der Durchführung besucht. Er arbeitet seit mehr als 30 Jahren für Volkswagen – bisher hatte er nach eigener Aussage nie einen Bleibe-Bonus bekommen. (red.)