Ministerium prüft disziplinarische Maßnahmen
Mainz. Nach dem Skandal um menschliche Wirbelsäulen in Blumentöpfen kommt die Landesarchäologie Koblenz nicht zur Ruhe. Zwei Schatzsucher haben sich in einem Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer über eine WhatsApp-Gruppe von Schatzsuchern beschwert. Bei dem Chat handelt es sich um eine Gruppe namens „NFG AW“ (Nachforschungsgenehmigung Ahrweiler), in dem sich ca. 30 meist männliche Sondengänger austauschen. Ein Mitarbeiter der Landesarchäologie bezeichnet sich in dem Chat selbst als Administrator in wissenschaftlichen Angelegenheiten. Die Landesarchäologie ist für Erteilung von Nachforschungsgenehmigungen zuständig, die es erlauben mit Hilfe von Sonden nach Schätzen zu suchen. In dem Chat werden u. a. rassistische, sexistische, homophobe und pornografische Inhalte geteilt. In dem Schreiben an die Ministerpräsidentin, das dem SWR vorliegt, heißt es wörtlich: „Sie werden nach der Lektüre verstehen, dass wir mit einem Mitarbeiter einer Landesbehörde, der als Administrator rechtsradikale, sexistische und homophobe Beträge in nicht unerheblichem Umfang akzeptiert und sogar durch eigene Beiträge entsprechend partizipiert, auf keinen Fall zusammenarbeiten können.“
Zudem wird in dem Chat, der dem SWR in Teilen vorliegt, ein Beamter der Landesarchäologie bedroht. Ein Teilnehmer schreibt, er hätte da ein „Weihnachtsgeschenk“ für den „dog H.“. Das Bild dazu zeigt eine Weltkriegsbombe. Mit „dog H.“ ist ein Beamter der Behörde gemeint, der zuständig für die Betreuung der Schatzsucher ist. Statt gegen solche Äußerungen einzugreifen, meldet sich der Mitarbeiter der Landesarchäologie im Chat zu Themen wie „öffentliches Betrinken“ oder „russische Frauen“ zu Wort.
Das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz bestätigt die Recherchen des SWR und stellt auf Nachfrage klar: „Die Beiträge sind indiskutabel und unangemessen. Die Landesarchäologie distanziert sich von diesen Beiträgen. Sie ist weder Betreiber des Chats noch für die Inhalte verantwortlich.“ Dennoch habe die Art der Beiträge das Ministerium veranlasst, „unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuweisen, nicht nur aus dieser, sondern auch aus anderen Sondengänger-Chat-Gruppen auszutreten“. Und das Ministerium prüfe „eine dienstrechtliche Überprüfung des Sachverhaltes einzuleiten. Das Verfahren dauert noch an.“ Mit einem Entzug ihrer Nachforschungsgenehmigung müssen die Mitglieder des Chats laut Ministerium aber nicht rechnen.
Inzwischen hat sich eine Gruppe von sechs Schatzsuchern mit Suchgenehmigung in einer Mail an den SWR gewandt. Darunter u. a. auch die Verfasser der sexistischen, homophoben und rassistischen Beiträge, auch die Autoren der Bombendrohung. Sie verweisen auf den „privaten Charakter“ der Chats. Die Bombe sei in Wirklichkeit nur ein „Druckbehälter“ gewesen, es habe sich um einen harmlosen Witz gehandelt. Wegen der rassistischen, sexistischen und homophoben Beiträge hätten sie den/die Verfasser angesprochen. Die hätten sich reumütig gezeigt und würden solche Dinge nicht mehr schreiben.
Quelle: SWR Recherche Unit