Redakteurin Karin Hurrle meldet sich zu Wort
Die Kritik des rheinland-pfälzischen Generalstaatsanwaltes Horst Hund gegenüber Bundesjustizminister Heiko Maas ist nicht zu verstehen. Hat doch der Bundesjustizminister mit der Entlassung von Generalbundesanwalt Range nur so gehandelt, wie es in jedem anderen Unternehmen auch der Fall gewesen wäre, wenn sich ein Mitarbeiter in aller Öffentlichkeit über seinen Chef negativ ausläßt. Hätte Heiko Maas nicht mit Entlassung reagiert, wäre ihm jeder Respekt vor seiner eigenen Person verloren gegangen. Dass Harald Range mit seiner öffentlichen Kritik gleichzeitig eine Lawine der Entrüstung wegen seinen Ermittlungen auslöste, weil Journalisten und mittlerweile auch die Politik die Meinung vertreten, dass dies ein Angriff auf die Pressefreiheit war, steht auf einem ganz anderen Blatt. Da sich nun allerdings ausgerechnet der Generalstaatsanwalt Hund in Berliner Angelegenheiten einmischt, hat ein besonderes „Geschmäckle“. Denn gerade er hätte in Rheinland-Pfalz alle Hände voll zu tun, um einigen Staatsanwälten auf die Finger zu schauen. Insbesondere über die Staatsanwaltschaft Frankenthal können viele Betroffene ein Lied singen, so dass man annehmen müsste, zunächst einmal vor seiner eigenen Tür zu kehren, bevor man sich in Bundesangelegenheiten einmischen sollte. Aus diesem Grunde hat Generalstaatsanwalt Horst Hund auch von Nachrichten Regional ein Schreiben mit folgendem Inhalt erhalten:
Angriff auf die Pressefreiheit
Offener Brief an Generalstaatsanwalt Hund
Sehr geehrter Herr Hund,
Sie äußern scharfe Kritik in der RHEINPFALZ vom 07.08.2015 gegenüber Bundesjustizminister Heiko Maas wegen der Entlassung von Generalbundesanwalt Harald Range wegen des Ermittlungsverfahrens gegen @netzpolitik.org, weil diese angeblich vertrauliche Dokumente in ihrem Internetportal veröffentlicht haben. Sie sprechen in einem SWR-Interview von einem Vorgang, der “eines Rechtsstaates unwürdig” ist.
Bei dieser Äußerung müssen Sie sich allerdings die Frage gefallen lassen, wie Sie den Rechtsstaat in Rheinland-Pfalz bewerten, wo Staatsanwaltskollegen von Ihnen einfach absichtlich falsch oder garnicht ermitteln, um unbescholtene Bürger unberechtigt anklagen zu können, ohne vorher ermittelt zu haben? Der Chef der Bundes-FDP, Christian Lindner, forderte selbst den Rücktritt Ranges, weil seine Ermittlungen ein Angriff auf die Pressefreiheit bedeuten.
An Ihren Äußerungen ist jedoch zu erkennen, dass Sie wohl mit zweierlei Maß messen. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich an die Missstände bei der Frankenthaler Staatsanwaltschaft, wo durch Staatsanwalt Dr. Lenz im vergangenen November vor dem Amtsgericht Neustadt ein politischer “Schau-Prozess” erster Güte gegen mich inszeniert wurde. Von der Staatsanwaltschaft Frankenthal wurde auf jeden Fall der jungen Richterin in Ausbildung eine feste Richterstelle versprochen, wenn sie diesen “Schau-Prozess” nach Wunsch des Frankenthaler Staatsanwaltes urteilt. Gerade der Generalstaatsanwaltschaft in Zweibrücken ist dieses Procedere schon lange bekannt, ermittelt in der Sache wurde nie wirklich, vielmehr wurde dieser politische “Schau-Prozess” gebastelt, von Mitwissern toleriert, von der Generalstaatsanwaltschaft wurde weggeschaut. Auch hier wird noch nachträglich Aufklärung erfolgen müssen.
Bereits am 5. Juni 2013 hatte ich Sie persönlich über diese Missstände informiert, leider habe ich weder eine Rückantwort erhalten, noch konnte ich erkennen, dass Sie Ihre Staatsanwaltskollegen als Chef gemaßregelt, Kritik in dieser Sache geäußert oder in derartige rechtswidrige Handlungen eingegriffen hätten. Dass nun ausgerechnet Sie das Wort ergreifen um Bundesjustizminister Maas zu kritisieren zeigt mir, dass die Range-Entlassung auch zum Politikum in Rheinland-Pfalz gemacht werden soll.
Insofern müssten Sie auch darüber informiert worden sein, dass der Direktor des Amtsgericht Neustadt. Dr. Matthias Frey (FDP) einen Strafantrag gegen mich als Chefredakteurin von Nachrichten Regional bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal wegen des Presseartikels vom 16.03.2015 in meinem Internetportal “Wie sieht es aus mit der Neutralität des Neustadter Amtsgerichts? – Politischer Schalthebel der Macht?” gestellt hat, den ich Ihnen als Anlage beifüge. Wieso ein solcher Bericht einen Strafantrag rechtfertigt, sollten Sie ebenfalls einmal mitteilen.
Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt Hund,
Sie selbst wissen, dass gerade die Ämter in der Justiz von Rheinland-Pfalz fast ausschließlich durch die FDP besetzt sind. Schon lange bevor Kurt Beck im Jahre 1994 als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz gewählt wurde, war das Justizministerium immer durch die FPD besetzt. Dies änderte auch nichts an der Tatsache, als die SPD im Jahre 1994 die Landtagswahl gewann und mit der FDP eine Koalition bildete. Die richtige Krise innerhalb der Justiz begann dann fünf Jahre später, als die SPD alleinregierend war, somit auch selbst das Justizministerium besetzen konnte. Die “Altlasten” musste die SPD allerdings mit übernehmen. Seit dieser Zeit ist der Rechtsstaat in Rheinland-Pfalz auch kein Rechtsstaat mehr. Ich hoffe, dass Sie auch in Rheinland-Pfalz zu Ihrer Meinung stehen, dass rechtswidrige Handlungen auch in Rheinland-Pfalz “ebenfalls eines Rechtsstaates unwürdig” sind.
Da die Strafanzeige von Herrn Dr. Frey gegen die Redakteurin von Nachrichten Regional kraft seines Amtes als Direktor des Amtsgericht Neustadt geschehen ist, ohne dass hierfür ein Grund vorlag, kann davon ausgegangen werden, dass dies eine Dienstaufsichtsbeschwerde nach sich ziehen wird, die von der Präsidentin des Landgerichts Frankenthal automatisch zu erfolgen hat. Insofern beurteilt Nachrichten Regional diesen Strafantrag ebenfalls als Angriff auf die Pressefreiheit. Da Staatsanwalt Dr. Hempelmann bereits eine Anklageschrift verfasst hat, ohne dass hier überhaupt ermittelt wurde und von der Angeklagten Akteneinsicht genommen werden konnte, wäre es Ihre Aufgabe als Generalstaatsanwaltschaft von Zweibrücken, diesem Sachverhalt nachzugehen. Dass hier etwas “faul” ist, hat mittlerweile der Letzte bemerkt, der sich mit Politik nicht sonderlich gut auskennt.
Da Sie selbst an die Öffentlichkeit gingen und für einen besseren Rechtsstaat plädieren ist auch an Sie die Frage zu richten, warum Sie nicht schon lange bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal eingeschritten sind, als Ihnen die Missstände dort bekannt wurden? Oder wird in Frankenthal auch nur ermittelt, wenn es dort ins politische Bild passt? Hachtung für Ihre Offenheit hätten sicherlich auch Viele, wenn Sie auch innerhalb Rheinland-Pfalz hierzu offen Ihre Meinung vertreten würden.
Mit freundlichen Grüßen
Karin Hurrle
Redakteurin