Richter Veiko Böhm plädiert für Einstellung des Verfahrens und „Freispruch“ – Staatsanwalt Julian Meyer hält an seiner Anklage fest
Im Prozess um den Schaden bei der Umwandlung des Krankenhauses 14Nothelfer der Stadt Weingarten in eine GmbH, kann es noch richtig spannend werden. Wegen des Schadens in Höhe von 12,2 Millionen Euro, der der Stadt Weingarten seinerzeit entstanden sein soll, steht jetzt der ehemalige Kämmerer Anton Buck vor Gericht. Vor dem Landgericht Ravensburg soll er sich nun als 74jähriger Ruheständler verantworten. Kaum dass Staatsanwalt Julian Meyer seine Anklage am ersten Verhandlungstag verlesen hatte, plädierte bereits der urteilende Richter Veiko Böhm dafür, das Verfahren wieder einstellen zu lassen. Vorausschauend teilte er den Anwesenden im Gerichtssaal mit, u.a. auch den beiden Strafverteidigern des Angeklagten Mandsdörfer und Schillo, dass sich am Ende kein politisch Verantwortlicher für diese Taten mehr finden lässt, den man für den Schaden noch haftbar machen könnte.
Von Insidern hat NACHRICHTEN REGIONAL inzwischen erfahren, dass Böhm damit den inzwischen verstorbenen ehemaligen OB Gerd Gerber gemeint haben könnte, in dessen Amtszeit die Umwandlung in eine GmbH der 14Nothelfer gefallen ist und für viel politischen Zündstoff seinerzeit sorgte, https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Gerber#:~:text=Gerd%20Gerber%20(*%2014.%20Juli,er%20Oberbürgermeister%20der%20Stadt%20Weingarten. Zumindest sei dies 2008 der Grund gewesen, warum der amtierende OB Gerber nicht mehr zur Wiederwahl angetreten sei und seinem Nachfolger Markus Ewald den Vortritt gelassen habe, wurde uns von Insidern berichtet. Auch Gerber, war wie Ewald als OB parteilos.
Dass nun gegen den ehemaligen Kämmerer Anton Buck Anklage wegen des Krankenhauses 14Nothelfer erhoben wird, weil der Stadt Weingarten ein Schaden von 12,2 Millionen bei der Umwandlung in eine GmbH entstanden sein soll, stimmt Viele betroffen. Buck sei weder der Verantwortliche von politischen Entscheidungen der Stadt Weingarten, noch Gemeinderatsmitglied gewesen, die diese Handlungen abgesegnet hätten, berichten Insider, die in diese Geschehen damals eingeweiht waren. Dass man durch die Anklage von Staatsanwalt Meyer nun über den Tod von Gerber hinaus seine Person beschädigen wolle, sei beschämend. Ein Kämmerer habe lediglich die kommunalen Finanzen zu verwalten. „Wäre die Umwandlung in eine GmbH nicht in Ordnung gewesen, hätte die Kreisverwaltung Ravensburg als Kommunalaufsicht schon damals einen „Riegel“ vorschieben müssen. Auch ein Kommunalhaushalt müsse erst einmal vom örtlichen Gemeinderat genehmigt werden“, berichten uns weitere Informanten. Insofern sollte sich der Ankläger, und hier Staatsanwalt Julian Meyer, erst einmal über das Procedere informieren, bevor er eine solche politische „Lawine“ ins Rollen bringt. Vor seiner Anklage wäre es daher sicherlich sinnvoll gewesen, zu hinterfragen, welcher Landrat für die Kommunalaufsicht damals verantwortlich war.
Unsere Recherchen haben inzwischen ergeben, dass zur Zeit der Umwandlung der 14Nothelfer in eine GmbH Kurt Wiedmeier (CDU) Landrat von Ravensburg war, siehe folgender LINK https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Widmaier. Widmaier hatte dieses Amt inne von 1999 bis im Jahre 2015, war also für die Genehmigung aller kommunalen Haushalte, auch für die der Stadt Weingarten, als Kommunalaufsicht verantwortlich.
Von Bürgern aus dem Ravensburger Raum hat unsere Redaktion auch erfahren, dass der am 30.12.2018 verstorbene OB von Weingarten Gerd Gerber erstmals 1992 als Parteiloser für das Amts des Oberbürgermeisters der Stadt Weingarten kandidierte. Er habe sich gegen Siegfried Abt, damaliger Bürgermeister von Herbertingen (1968–2000), und den aus Weingarten stammenden Guido Wolf https://de.wikipedia.org/wiki/Guido_Wolf, späterer Landrat im Landkreis Tübingen (2003–2011), durchsetzen und 1992 die Nachfolge von Rolf Gerich antreten können, der nicht mehr kandidierte. Nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit am 16. August 2008 hat Gerber auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Nach der Gemeindeordnung hätte er längstens noch eine halbe Amtsperiode (bis zum Alter von 68 Jahren) an der Spitze der Stadt stehen dürfen. Als sein Nachfolger wurde Markus Ewald, ebenfalls parteilos gewählt. Es wird von Insidern vermutet, dass Gerber wegen der damals schon öffentlichen Kritik des Krankenhauses 14Nothelfer seine erneute Kandidatur als OB zurückgezogen habe.
Viele Bürger aus Weingarten fragen sich inzwischen, die die Verhandlung durch die örtliche Presse verfolgten, was genau will Staatsanwalt Julian Meyer mit seiner Anklage gegen den inzwischen 74jährigen Kämmerer Anton Buck erwirken? Und was verspricht er sich vom Ausgang des Verfahrens, wo doch bereits jetzt schon feststeht, dass am Ende der Verhandlungen von Richter Veiko Böhm ein „Freispruch“ zu erwarten ist? Worin soll also der Sinn dieser Anklage liegen, wenn am Ende ein weiterer „Politik-Skandal“ öffentlich wird, der nie aufgeklärt werden kann, weil die wichtigsten Zeugen gar nicht mehr leben? Fest stehe jetzt schon, sagen Insider, dass Anton Buck kein Fehlverhalten vorgeworfen werden könne. Denn weisungsbefugt gegenüber einem Kämmerer sei ausschließlich sein Vorgesetzter, und das sei nun mal der OB. Auch ein Geschäftsführer einer GmbH sei an politische Weisungen eines Aufsichtsrates gebunden. Und das sei im Fall des Krankenhaus 14Nothelfer in der Regel der Aufsichtsratsvorsitzende und ebenfalls der OB. Aber auch ein Oberbürgermeister könne nur durchführen, was ein Gemeinderat zuvor beschlossen habe, sagen wiederum Insider. Also wäre auch hier zu prüfen, was in Bezug der 14Nothelfer in Bezug auf die Umwandlung in eine GmbH der Gemeinderat damals beschlossen hat.
Wie der SWR am 17.05.2021 berichtete, sei dies der größte Finanzskandal der Stadt Weingarten. Der 74-Jährigen Buck wird vorgeworfen, dass er vor Jahren Defizite des städtischen Krankenhauses vertuscht und so einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe verursacht haben soll. Laut SWR sei das Krankenhaus in städtischer Hand gewesen und 2008 zu einer städtischen GmbH herausgegründet worden. Wegen Missmanagements hätten sich Defizite angehäuft, heißt es weiter. Insgesamt über 18 Millionen Euro bis Oktober 2013. Für 12 Millionen Euro soll der damalige Kämmerer von Weingarten, Anton Buck, verantwortlich sein. Er soll von 2008 bis 2012 Defizite der Klinik 14 Nothelfer über eine Sonderkasse ausgeglichen und so vertuscht haben. Am Ende habe die Stadt die Klinik an den Medizin-Campus Bodensee mit Sitz in Friedrichshafen verkaufen müssen, der sie inzwischen schloss.
Die Verteidiger beantragten im Prozess, die Verlesung der Anklage nicht zuzulassen, weil sie nicht schlüssig, zu allgemein gehalten und auch rechtlich nicht zulässig sei. Die Staatsanwaltschaft habe der Verteidigung vorgeworfen, zur Vorbereitung auf den Prozess Informationen vorenthalten zu haben. Dies verstoße gegen das Prinzip der Waffengleichheit. Zudem sei die Sache schon zehn Jahre her und fast schon verjährt. Außerdem müsste vor einer Wirtschaftskammer verhandelt werden, denn es gehe um grundsätzliche Fragen des Wirtschaftsrechts. Das Gericht wies die Anträge der Verteidigung ab.
Das Gericht bat beide Parteien, noch einmal über eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen zu verhandeln. Der Ex-Kämmerer von Weingarten müsste dafür einen gewissen Betrag zahlen. Ein solches Angebot hatte das Gericht der Anklage und Verteidigung schon vergangenes Jahr gemacht. Doch konnten sich die beiden Seiten nicht auf den Betrag einigen. Inzwischen fordert einer der Verteidiger eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen. Das Gericht kann sich offenbar eine Einstellung des Verfahrens vorstellen, weil die angeblichen Verfehlungen des Ex-Kämmerers teils schon über zehn Jahre zurückliegen und Zeugen sich nur noch schlecht an Vorgänge erinnern könnten. Der 74-Jährige könne unter Umständen auch freigesprochen werden. Auch stehe die Sache am Rande einer Verjährung, teilt der SWR in seinem Bericht mit.
Wie der SWR weiter berichtete, soll zunächst der Prozess weiterlaufen. Sowohl der Bundestagsabgeordnete Axel Müller (CDU) und Weingartens OB Markus Ewald sollen als Zeugen geladen werden. Müller war Gemeinde- und Klinikaufsichtsrat, Ewald Aufsichtsratsvorsitzender. Der Weingartner Ex-Kämmerer Anton Buck habe in der Verhandlung angegeben, er werde keine Angaben zu den Vorwürfen machen.
Der Prozess ist auf 16 Verhandlungstage angesetzt. Er wurde in der Vergangenheit mehrmals verschoben. Für Verzögerungen sorgte zunächst der Wunsch des Landgerichts Ravensburg, den komplexen Fall der Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart zu überlassen. Diese wies ihn aber an das Ravensburger Gericht zurück. Das Landgericht verschob den Prozess dann wegen Überlastung, später aufgrund der Corona-Pandemie. Ein Urteil wird Mitte September erwartet.
Interessant bleibt dennoch die Tatsache, dass Weingartens OB Ewald seinen Gemeinderat am 19.04.2021 beschließen ließ, dass der Insolvenzverwaltung der Krankenhaus 14 Nothelfer GmbH aufgetragen wird, der Stadt Weingarten den Rückerwerb der Krankenhausimmobilie zu einem angemessenen Kaufpreis anzubieten, da die Stadt beabsichtige, einen Konzept- und Bieterwettbewerb vorzubereiten. Die Stadt Weingarten beabsichtige nicht, die Liegenschaft selbst dauerhaft zu behalten, sondern nur weiterzuentwickeln. Welche Nutzung dem Areal künftig zukomme, werde der Bieterwettbewerb zeigen, habe Ewald als Argument angeführt. Er sei allerdings zuversichtlich, dass interessante Angebote bei der Stadt eingehen würden, so dass einem baldigen Rückerwerb der Immobilie nichts mehr im Wege stünde.
Wie es im Prozess gegen den ehemaligen Kämmerer der Stadt Weingarten, Anton Buck, weitergeht, behalten wir für Sie im Auge. Wir werden unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden halten.