Immer mehr Vorwürfe wegen Menschenrechtsverletzungen werden laut – Ehemaliger Frontex-Chef Leggeri zieht für die extrem Rechte ins EU-Parlament ein
Immer öfter wird öffentliche Kritik gegen Frontex laut, die als EU-Grenzschutzagentur immer wieder Schlagzeilen macht, weil ihnen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden. Verantwortlich dafür wird der ehemalige Frontex-Chef Leggeri gemacht, der nach seinem Wahlkampf in Frankreich nun für die extrem Rechte ins EU-Parlament eingezogen ist. Leggeri soll auch für viele Skandale bei Frontex verantwortlich sein.
Frontex agiert als Küstenwache. Zu ihren Aufgaben gehört dadurch rechtlich auch die Rettung ertrinkender Menschen aus dem Mittelmeer. In den vergangenen Jahren gab es jedoch Meldungen über mehrere illegale Zurückweisungen (Pushbacks) von Hilfesuchenden in der Ägäis. Kritiker äußern zudem, dass Frontex seit Jahren Drohnen statt Schiffe einsetzt, um Hilfe offiziell verwehren zu können. Zudem kommt, dass mehrfach festgestellt werden konnte, dass Frontex mit der Libyschen Küstenwache zusammenarbeitet, um die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa zu verwehren. Sämtliche Pushbacks an der griechischen Küste wurden bis heute nicht aufgearbeitet und die Bundesregierung beantwortet keine Fragen dazu.
Juristisch gibt es keine greifenden Instrumente, die diese Menschenrechtsverletzungen aufhalten, denn als EU-Agentur ist Frontex als technokratische Behörde entworfen und steht somit unter keiner direkten Kontrolle. Auch gegen Frontex klagen ist nahezu unmöglich, da die EU nicht die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben hat. Somit kann sie nicht vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt werden. Auch das EU-Parlament kann nur über das Budget von Frontex bestimmen. Nur der eingerichtete Verwaltungsrat (bestehend aus EU-Kommission und Mitgliedsstaaten) kann Frontex kontrollieren und dieser hat bis heute bezüglich der Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen von Frontex lediglich mehr Transparenz gefordert.
Nun sollen die alten Zeiten vorbei sein. Denn es gibt einen neuen Frontex-Chef. Bei seiner ersten Pressekonferenz als neuer Frontex-Chef hat der Niederländer Leitjens ein Ende der Pushbacks von Migranten versprochen. Er sei sich bewusst, dass die EU-Grenzschutzbehörde viel Vertrauen verspielt habe. Hans Leijtens hat seine Uniform gegen einen dunkelblauen Anzug mit Krawatte eingetauscht, die Tagesschau hatte am 19.01.2023 darüber berichtet: https://www.tagesschau.de/ausland/europa/frontex-bruessel-101.html#:~:text=Bei%20seiner%20ersten%20Pressekonferenz%20als,Grenzschutzbehörde%20viel%20Vertrauen%20verspielt%20habe.&text=Hans%20Leijtens%20hat%20seine%20Uniform%20gegen%20einen%20dunkelblauen%20Anzug%20mit%20Krawatte%20eingetauscht.
Und mit Hans Leitjens hat ein Team von NDR und WDR auf einer Reise quer durch Europa gesprochen. Im Lagezentrum der Zentrale in Warschau war auch dieses Team dabei und hat gesehen, wie Frontex Boote mit Migranten entdeckte. Auch werden neue Fälle möglicher illegaler Pushbacks aufgedeckt, die nicht alleine in der Verantwortung von Frontex liegen können.
Am 5. Februar 2021 veröffentlichte ein Recherche-Team aus sechs Forschern, in Zusammenarbeit mit dem ZDF Magazin Royale, die sogenannten Frontex Files[1], in denen Treffen der „Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache“ (Frontex) mit zahlreichen Rüstungs-Lobbyisten in den vergangenen Jahren öffentlich gemacht wurden. Unter der Moderation von Jan Böhmermann wurden die Erkenntnisse aus den Dokumenten im ZDF Magazin Royale aufgezeigt. In den Wochen darauf stieß die EU-Grenzpolizei auf schwere Kritik, nachdem die „Frontex Files“ medial aufgegriffen wurden. So wurden seit der Veröffentlichung im Februar über 2400 Artikel (Stand: 18. März 2021) veröffentlicht, die die Recherchen aufgreifen.
Es entstand ein Film von: Manuel Bewarder, Gidorgos Christides, Stefanie Dodt, Jonas Schreijäg Mitarbeit: Julius Wettwer, Klara West, wie er authentischer nicht sein könnte. Faktencheck: Julian Feldmann Kamera: David Diwiak, Stefanie Dodt, Florian Manz, Julian Muñoz Ortega, Jonas Schreijäg, Henning Wirtz Schnitt: Jan Littelmann Grafik: Jakob Rompkowski Mischung: Andre Breckwedde, Christian Valentiner Endfertigung: Maximilian Klein Redaktion: Lutz Ackermann, Volkmar Kabisch, Iris Ockenfels: https://www.youtube.com/watch?v=WFCNmTyN5sc
Die Dokumente, die Einladungen von Frontex an verschiedene Waffen- und Bewachungsmaterialproduzenten zeigen auf der Webseite der Frontex Files, dass in vier Kategorien aufgeteilt wird. Zunächst gibt es drei Dokumentengruppen, die jeweils die Treffen aus den Jahren 2017, 2018 und 2019 dokumentieren. Auf diese folgt die Kategorie „Unspezifizierte Meetings“. Unter diesen Oberpunkten werden die 142 Belegdokumente präsentiert. Zudem hat ein Teil der Rechercheure einen Bericht verfasst, der die Entstehung der Frontex Files erklärt. Laut ZEIT ONLINE – Bericht vom 06.03.2021 fordert der Verwaltungsrat mehr Transparenz von Frontex. In fünf Fällen habe eine Frontex-Arbeitsgruppe Vorwürfe wegen möglicher Grundrechtsverstöße nicht zweifelsfrei ausräumen können. Der Verwaltungsrat habe sich beunruhigt gezeit.