Kandel. Etwa 1.200 Menschen haben am Samstag an der Kundgebung „Wir sind Kandel“ teilgenommen. Die rund 8.500 Einwohner zählende Stadt in der Südpfalz war nach dem gewaltsamen Tod eines 15 Jahre alten Mädchens vor fast drei Monaten wiederholt zu einem Aufmarschgebiet von Rechtsextremen aus ganz Deutschland gemacht worden. Als Täter gilt der ehemalige Freund des Mädchens, ein afghanischer Flüchtling, der behauptet, minderjährig zu sein.„Wir alle waren angesichts der Gewalttat entsetzt und betroffen. Wir alle fühlen mit den Menschen hier in Kandel“, machten Kirchenpräsident Christian Schad und Generalvikar Dr. Franz Jung bei der Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz deutlich. „Wir sind auch heute noch mit unseren Gedanken und mit unserem Mitgefühl bei den Eltern und den Angehörigen des Mädchens.“ Dass ihr Tod für politische Zwecke missbraucht werde, sei verabscheuenswert und missachte die wahre Trauer. „Wenn wir uns heute hier versammeln, erklären wir uns solidarisch mit den Einwohnern dieser Stadt“, erklärten die beiden Kir chenvertreter. „Wir zeigen damit, dass die Einwohner nicht allein stehen in dieser Situation der Bedrohung durch demokratiefeindliche Kräfte, die die Deutungshoheit für sich beanspruchen.“ Wo das Leid von Menschen instrumentalisiert werde, um politischen Profit daraus zu schlagen, werde eine Grenze überschritten. Das christliche Menschenbild verbiete es, „Menschen gleich welcher Herkunft oder Religion unter Generalverdacht zu stellen“. Die Kundgebung ist in einem Video-Beitrag auf Facebook aufgezeichnet.
Zuvor hatte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer betont: „Gegenüber Gewalt und Hass gibt es in unserem Land null Toleranz. Wir überlassen die Stadt nicht denen, die auf dem Tod der 15-jährigen Mia ihr braunes Süppchen kochen wollen.“ Der Täter werde seine gerechte Strafe bekommen, stärkte sie das Vertrauen der Teilnehmer in den Rechtsstaat. Die Kundgebung nannte sie ein starkes Zeichen für „Demokratie, Respekt, Freiheit, Menschlichkeit, Offenheit und Vielfalt“. Kandel und die Pfalz lägen „im Herzen Europas“. Die Menschen hätten in der Geschichte leidvoll erfahren, welches Unheil der Nationalismus über die Welt gebracht habe. „Wir setzen heute ein Zeichen, dass wir auch weiterhin ein offenes, tolerantes Land sein wollen und dass wir für diese Werte zusammenstehen, wenn es darauf ankommt.“ Der Kandeler Bürgermeister Günther Tielebörger dankte für das Kommen und die Solidarität der Kundgebungsteilnehmer, die er als Zeichen gegen Rassismus, Menschenhass und eine weitere Spaltung der Gesellschaft bezeichnete. „Kandel wird weiterhin bunt und weltoffen bleiben“, rief er den Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz zu. Weitere Redebeiträge kamen vom Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Rheinland-Pfalz/Saarland Dietmar Muscheid und Politikerinnen und Politikern der verschiedenen Parteien.
Video des Beitrags auf Facebook:
https://www.facebook.com/dein.Bistum/videos/2061974447417411/