Urteil: 200.000 Euro Schadenersatz muss an drei Beamte gezahlt werden
von Karin Hurrle
Neuesten Pressemeldungen der Frankfurter Rundschau vom 30.09.2014 ist zu entnehmen, dass drei der vier suspendierten Steuerfahnder aus Hessen einen Teilerfolg erzielt haben. Nach diesem Bericht sprach das Landgericht Frankfurt drei von vier Betroffenen einen Schadenersatz zu. Nach eigenen Recherchen von Narichten Regional ist einer der vier Beamten der ehemalige Steuerfahnder Rudolf Schmenger. Zahlen müsse der Gutachter, der den Finanzbeamten „paranoide-querulatorische Störungen“ attestiert habe, was sich später als Unrecht herausgestellt habe. Nun muss der Gutachter Thomas H. an drei der Betroffenen zahlen, nämlich Summen von 54.000 Euro, 69.000 Euro und 74.000 Euro. Denn in seinem psychiatrischen Gutachten habe er alle für unheilbar gestört erklärt. Thomas H. könne jedoch noch in Berufung vor das OLG Frankfurt gehen.
Was war passiert?
Das Land Hessen hatte vier Steuerfahnder zwischen 2007 und 2009 aufgrund eines falschen psychiatrischen Gutachtens von Thomas H. zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Einer davon war der Steuerfahnder Rudolf Schmenger. Den Beamten wurde unheilbare „paranoide-querulatorische“ Störungen attestiert. Daraufhin hatten die Steuerfahnder wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte auf Schadenersatz geklagt. Der zwangspensionierte ehemalige Steuerfahnder Rudolf Schmenger ist vor dem Frankfurter Oberlandesgericht mit seiner Klage gegen das Land Hessen gescheitert. Das OLG bestätigte das Urteil des Wiesbadener Landgerichts, wonach Schmenger keine Entschädigung für die Verletzung eines Persönlichkeitsrechts zustehe.
Die vier Beamten hatten nämlich 2001 mit zahlreichen anderen Kollegen gegen eine Amtsverfügung protestiert, weil reiche Steuersünder geschont werden sollten. 2001 waren Schmenger und andere Kollegen deshalb in Ungnade bei ihrem Vorgesetzten gefallen, nachdem sie sich geweigert hatten, seiner Dienstanweisung zu folgen. Daraufhin wurden die Steuerfahnder regelrecht aus ihren Berufen „gemobbt“. Schmenger wurde u.a. mit Hilfe des psychologischen Gutachters Thomas H. „paranoide und querulatorische Störungen“ bescheinigt. Die schwarz-gelbe Koalition hatte zudem am Gutachten von Thomas H. festgehalten, welches nun aber von einem Gegengutachter, dem renommierten Münchner Psychiatrieprofessor Norbert Nedopil und seinen Mitarbeitern der forensischen Psychiatrie des Universitätsklinikums erschüttert wurde. Dieser diagnostizierte nämlich, dass das von Thomas H. erstellte psychiatrische Gutachten zum Teil „nicht nachvollziehbar und mit derzeitigem Wissen nicht schlüssig vereinbar“ sei. Aus psychiatrischer Sicht habe nach Berichten der Frankfurter Rundschau in allen vier Fällen keine medizinische Voraussetzung für eine anhaltende Dienst- und Teildienstunfähigkeit laut Urteil Nedopil bestanden. Beim früheren Fahnder Rudolf Schmenger sei Nedopil und seine Kollegin Sylvia Brettschneider sogar zu dem Schluss gekommen, er sei voll dienstfähig.
Schmengers Persönlichkeit sei charakterisiert durch Stabilität, Gewissenhaftigkeit, gute Steuerung, hohe Leistungsbezogenheit und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Eine Persönlichkeitsstörung liege bei Schmenger also nicht vor. Dennoch endeten die Verfahren, die gegen das Land Hessen geführt wurden unterschiedlich. Die Klage des ehemaligen Steuerfahnders Marco W. wurde bereits im Januar 2014 abgewiesen. Notwendig für die Zuerkennung von Schadenersatz sei wohl die Feststellung, dass der Gutachter nicht sorgfältig gearbeitet habe, hat der Gerichtssprecher Arne Hesse geäußert. Der Ex-Fahnder hat nun Berufung eingelegt, das beim OLG anhängig ist. Die beiden anderen Beamten einschließlich Rudolf Schmenger hatten bereits vor dem Landgericht Erfolg.
Dem Pressebericht der Frankfurter Rundschau vom 30.09.2014 war weiterhin zu entnehmen, dass das Land Hessen seit Jahresbeginn mit den vier ehemaligen Beamten Gespräche führt, ob sie in den Dienst zurückkehren wollen. Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) habe diese Reaktivierungsgespräche Anfang des Jahres bereits angekündigt. Dabei soll es sich um Arbeiten jenseits der Finanzverwaltung handeln. Nach den jahrelangen erbitterten Auseinandersetzungen sei eine Rückkehr in diesen Bereich nur schwer vorstellbar, habe einer der Betroffenen geäußert. Ein ehemaliger Richter sei nun als Mediator eingeschaltet worden. Dem früheren Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) werfen die Ex-Fahnder vor, mit seiner Drangsalierung unbequeme Kritiker mundtot gemacht zu haben. Ähnlich habe sich der SPD-Abgeordnete Norbert Schmitt geäußert, der sich durch den Richterspruch wie folgt bestätigt fühle: „Die Landesregierung muss endlich öffentlich eingestehen, dass die Ausgrenzung der vier Steuerfahnder falsch war“. Verantwortlich für den Skandal sei der frühere Finanzminister Weimar, sagte Schmitt.