Anschuldigungen reichen von Populismus, Volksverhetzung bis Terrorismus – Nicht alle Leser verstehen die Botschaften eines Journalisten!!
von Karin Hurrle
Der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel ist wieder frei. Er ist am 16. Februar aus der türkischen Untersuchungshaft entlassen worden. Dies hat sein Anwalt Veysel Ok und der Deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) für ihn erreicht. Doch die Diskussionen um seine Person reißen nicht ab. So hat das Handelsblatt am 17.02.2018 berichtet, dass sich der Journalist mit den Angestellten der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul angefreundet habe. Und wenige Personen, die ihn während seiner Untersuchungshaft in der Türkei besuchen durften hätten festgestellt, dass Deniz Yücel seine gute Laune nicht verloren habe. Genau 367 Tage saß Yücel im türkischen Gefängnis. Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten sei von Anfang an ein Politikum gewesen, schreibt das Handelsblatt weiter. Denn seine politische Meinung habe er nie zurückgehalten, auch nicht in Deutschland. Wegen seiner provokanten Art zu kommentieren, ist auch die politische Beziehung zwischen der Türkei und Deutschland schwer belastet. Mit seinem „tz“-Kommentar ist Deniz Yücel 2011 in die Schlagzeilen geraten. Er wurde von verschiedenen Medien auch als „Deutschland-Hasser“ tutuliert. Im Januar 2015 hat Yücel außerdem in einem Bericht geschrieben, es sei an der Zeit, das Verbot der Terrororganisation PKK aufzuheben und die separatistische Gruppierung als internationalen Gesprächspartner anzuerkennen. Die PKK ist aus der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung entstanden, sie führt seit den 1980er-Jahren Anschläge innerhalb der Türkei. Zehntausende Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Doch nicht alle Leser verstehen solche Botschaften oder können zwischen den Zeilen eines Journalisten lesen. SPIEGEL ONLINE schreibt am 17.02.2018. dass Deniz Yücel Deutschland wieder verlassen habe und bei Freunden sei. Sein Chef teilt mit, dass Deniz Yücel „sein Leben genießt, wir lassen ihn in Ruhe“. Der Tagesspiegel spricht von einem „bitteren Nachgeschmack“ bei seiner Freilassung.
The Huffing Post vom 28.02.2018 beschreibt im Kern die politische Entwicklung weltweit und um was es Deniz Yücel wirklich geht, der kein Blatt vor den Mund genommen hatte, auch nicht in Deutschland. In seinen Berichterstattungen drückte er dies zum Teil durch eine Kolumne aus, um sich nicht der Volksverhetzung schuldig zu machen. Weil er sich unters Volk michte, um von Insidern mehr zu erfahren, wird ihm Terrorismus vorgeworfen. Weil er sein Insiderwissen der Öffentlichkeit preis gibt, wird ihm „Hetze“ vorgehalten. Nicht alle Menschen verstehen Botschaften oder die Sprache eines Journalisten. Nur Wenige können einordnen, was Deniz Yücel als Journalist mit seinen Berichten zum Ausdruck bringen will. So ist es nicht sonderlich verwunderlich, dass sich bei der Freilassung von Deniz Yücel gerade die AfD zu Wort meldete. Während andere wegen seiner Freilassung jubeln, würden AfD-Politiker gegen den deutsch-türkischen „Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel hetzen, schreibt auch The Huffing Post am 16.02.2018. Grund der AfD-Kritik seien zwei satirische Texte von Yücel aus dem Jahre 2011, wo er sich als Redakteur der „taz“ mit dem Titel „Super, Deutschland schafft sich ab wie folgt geäußert hatte: „Der baldige Abgang der Deutschen ist Völkersterben von seiner schönsten Seite“. Uwe Junge, Landesvorsitzender der AfD Rheinland-Pfalz, bezog sich auf dieses Zitat von Yücel und schrieb dazu: “Deshalb ist mir das Schicksal von Herrn Yücel nicht ganz so wichtig!” Satire sei aber nicht das Ding der AfD und anderer Rechter. Immer wieder werde dieser Text Yücels von Anhängern des rechten Lagers ohne Kontext zitiert, um den Journalisten zu verunglimpfen, schreibt das Blatt weiter. Außerdem habe der thüringische AfD-Politiker Torben Braga auf Twitter geschrieben: “Es ist gut, dass Deniz Yücel endlich frei ist.” Er habe allerdings hinterher geschoben: “Es bleibt nun die Hoffnung, dass dieser ‘deutsche Patriot’ sich jetzt dankbar zeigt und bemerkt, dass der ‘baldige Abgang der Deutschen’ eben nicht ‘Völkersterben von seiner schönsten Seite’ ist.”
Deniz Yücel ist laut WIKIPEDIA am 10. September 1973 in Flörsheim am Main geboren. Er ist ein deutsch-türkischer Journalist und Publizist. Er war von 2007 bis 2015 Redakteur der taz und ist seit 2015 Türkei-Korrespondent der WeltN24-Gruppe. Zudem ist er langjähriger Mitherausgeber der Wochenzeitung Jungle World.
Vom 14. Februar 2017 bis zum 16. Februar 2018 saß Yücel wegen angeblicher „Terrorpropaganda“ in türkischer Untersuchungshaft. In Deutschland gab es zahlreiche Solidaritätskundgebungen für eine sofortige Freilassung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) forderte die türkische Regierung nach Fristverlängerung auf, bis zum 28. November 2017 eine Stellungnahme abzugeben. Am 28. November 2017 wurde die Stellungnahme bei Gericht eingereicht. Darin wirft die türkische Justiz ihm „Terrorpropaganda“ für die PKK und die Gülen-Bewegung vor. Er saß über 290 Tage in strenger Einzelhaft; seitdem durfte er einen Mitgefangenen treffen.
Am 16. Februar 2018 wurde Yücel aus türkischer Haft entlassen, nachdem die türkische Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hatte, in der sie bis zu 18 Jahre Haft für ihn fordert. Yücel kehrte am selben Tag nach Deutschland zurück.