Wie solche Gruppen Behörden und Menschen bedrohen – Der Personenkreis steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes
„Im gesamten Bundesgebiet, auch in Rheinland-Pfalz, treten immer wieder Personen und Gruppierungen in Erscheinung, die sich Namen fiktiver Staaten wie „Freistaat Preußen“ geben und staatliche Strukturen vortäuschen, zum Beispiel indem sie sich „Reichsregierung“ nennen. Sie benutzen Pseudotitel und Fantasie-Papiere und verfassen ausschweifende Erklärungen mit haltlosen Behauptungen und Verschwörungsfantasien. Zusammengefasst bezeichnen die Sicherheitsbehörden sie als „Reichsbürger“. In vielen Fällen sind die Aktivitäten sogenannter Reichsbürger nicht zuletzt für die Polizei und die Ordnungsbehörden relevant. Darüber hinaus hat der Verfassungsschutz das „Reichsbürger“-Spektrum im Blick“. Diese Information kann man auf der Homepage des rheinland-pfälzischen Ministeriums des Innern und des Sports nachlesen.
Auch im Raum Neustadt/Lambrechter Tal sollen sich Reichsbürger inzwischen breit gemacht haben. Sie hatten Behörden auf Schadenersatz bedroht, typische Anzeichen für das Vorgehen von „Reichsbürgern“, wurde unserer Redaktion von Insidern berichtet. Und sie schrecken vor nichts zurück, um ihre Macht auszudrücken. Mit einem solchen Fall musste sich das Amtsgericht Neustadt jahrelang befassen. Und es kam immer schlimmer. Mit DEMOS schüchterten diese Personengruppen nicht nur die Gerichte in Neustadt und Frankenthal ein, sie versuchten auch in die Medien-Welt einzudringen.
Auch der SWR hatte am 05.06.2023 über die Gefahren der „Reichsbürger“ berichtet, siehe auch Verfassungsschutzbericht 2022 https://mdi.rlp.de/fileadmin/03/Themen/Verfassungsschutz/Dokumente/Verfassungsschutzbericht_Rheinland-Pfalz_2022_barrierefrei.pdf. Der SWR schreibt: „Die „Reichsbürger“-Szene in Rheinland-Pfalz wird zunehmend größer und aggressiver. Laut dem neuen Verfassungsschutzbericht bilden sich zudem radikalisierte Misch-Szenen im Land. Rechtsextremisten, „Reichsbürger“ und so genannte Delegitimierer vernetzen sich zunehmend, um gegen die demokratische Grundordnung mobil zu machen. Diese Entwicklung gehört laut rheinland-pfälzischem Verfassungsschutzbericht 2022 zu den größten Bedrohungen für das Land. Solche Misch-Szenen bildeten sich vor allem über das Internet, sagte Innenminister Michael Ebling (SPD) bei der Vorstellung des Berichts“, siehe LINK https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/verfassungsschutzbericht-rlp-2022-102.html
„Reichsbürger“ suchen die Konfrontation – Und sie schrecken vor nichts zurück
„Reichsbürger“ würden je nach Anlass die Konfrontation suchen und Drohkulissen aufbauen, heißt es weiter auf der Webseite des Innenministeriums. Von der Konfrontation der Reichsbürger seien zumeist staatliche Stellen und deren Bedienstete betroffen. Niederschlag fänden verbale Drohungen vornehmlich in selbst gefertigten pseudoamtlichen Schreiben wie „Strafbefehlen“ oder „Mahnbescheiden“. Diese würden die „Reichsbürger“ an Behörden versenden, die ihren abwegigen Forderungen nicht nachkommen. Es könne aber auch dazu kommen, dass sie staatliche Bedienstete und andere im staatlichen Auftrag tätige Personen an der Ausübung ihrer Tätigkeiten hindern, indem sie bedrängt oder gar körperlich angegriffen würden. Dem anhängenden Drohschreiben ist zu entnehmen, mit welchem Klientel man es bei „Reichsbürgern“ zu tun hat.
„Reichsbürger“ eine nicht zu unterschätzende Gefahr
Insofern geht von der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ eine nicht zu unterschätzende Gefahr aus, so weitere Infos des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Schon in der Vergangenheit seien viele von ihnen straffällig geworden. Gefahrenmomente ergeben sich insbesondere aus den Widerstandshandlungen gegen staatliche Maßnahmen. Daneben würden innerhalb der Szene Gewalt und der Einsatz von Waffen propagiert. Nicht selten müssten Rechtsansprüche gegenüber Szeneangehörigen mittels Zwangsvollstreckung und mit Hilfe polizeilicher Spezialkräfte durchgesetzt werden. Ziele der zum Teil erheblichen Gewalt von „Reichsbürgern“ seien vornehmlich Gerichtsvollzieher und die Polizei. Diese werden von „Reichsbürgern“ als illegitim betrachtet, woraus sie ein vermeintliches Notwehrrecht ableiten. Der Polizei werde generell jegliche Legitimität von ihnen abgesprochen, da es sich bei dem Staat in den Augen der „Reichsbürger“ ohnehin nur um eine „Firma“ handelt. Eine einheitliche „Reichsbürgerbewegung“ gibt es nicht. Vielmehr handelt es sich um eine Szene, die von unterschiedlich motivierten Einzelpersonen über Kleinstgruppierungen, einer unüberschaubaren Zahl von Internetseiten und sogenannten Hilfsgemeinschaften für Justizopfer bis hin zu sektenartigen, esoterisch geprägten Organisationen mit vergleichsweise geringer Mitgliederzahl reicht. Auch RichterInnen des Amtsgerichts Neustadt wurden von solchen Personen in der Vergangenheit bedrängt und bedroht.
Ungeachtet einiger Gemeinsamkeiten gibt es weder ein einheitliches Vorgehen, noch sind eine umfassende Vernetzung oder eine dominierende Gruppierung erkennbar. Die Zersplitterung der Szene, Fluktuation und häufig wechselnde Bezeichnungen erschweren eine exakte Bestimmung des Personenpotenzials des „Reichsbürger“-Spektrums. Innerhalb des „Reichsbürger“-Spektrums lassen sich ganz unterschiedliche Personengruppen ausmachen. Dazu zählen neben bloßen Mitläufern und „Trittbrettfahrern“ notorische Querulanten, Menschen mit psychischen Auffälligkeiten, weltanschaulich gefestigte Protagonisten und Profiteure der Szene. Letztere bieten beispielsweise gegen Bezahlung Fantasie-Papiere wie „Reichsausweise“ und Pseudourkunden und (Rechts-)Seminare an.
In Rheinland-Pfalz konnten Ende 2021 rund 850 weit überwiegend unorganisierte Personen dem „Reichsbürger“-Spektrum zugerechnet werden, 100 von ihnen gelten als gewaltorientiert. Die rund 29 Prozent organisierten Personen gehören mehrheitlich den Gruppierungen „Freistaat Preußen“ und „Volksstaat Bayern“ an, die sich im fiktiven „Staatenbund Deutsches Reich“ zusammengeschlossenen haben.
Entwicklung der „Reichsbürger-Entwicklung“ bedrohlich?
Schon am 05.05.2017 wurde vom SWR auf die Gefahren hingewiesen, die von „Reichsbürgern“ ausgehen. In dem SWR-Bericht heißt es: „Reichsbürger drohen, beschimpfen Polizisten und verjagen Gerichtsvollzieher von ihrem Grundstück. Sie ecken mit Behörden an und verstoßen gegen Gesetze. Der Verfassungsschutz in Bund und Ländern hat die Reichsbürgerbewegung in den letzten Monaten ins Visier genommen, https://www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/gutzuwissen/broadcastcontrib-swr-3826.html
Am 6.08.2023 wurden bei einem Reichsbürgertreffen in Andernach Polizeikontrollen durchgeführt. 70 Personen, die sich zu diesen Treffen eingefunden hatten, akzeptieren die Bundesrepublik Deutschland nicht und glauben, es bestehe noch das „Deutsche Reich“. https://www.ardmediathek.de/video/swr-aktuell-rheinland-pfalz/polizeikontrollen-bei-reichsbuergertreffen-in-andernach/swr-rp/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE5MDE2Mjc. Bereits am 08.01.2018 berichtete die Rhein-Zeitung von einem Vorfall, wo ein „Reichsbürger“ wegen Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt wurde, https://www.rhein-zeitung.de/region/aus-den-lokalredaktionen/kreis-ahrweiler_artikel,-haft-auf-bewaehrung-reichsbuerger-poebelt-und-pruegelt-_arid,1753820.html
Weitere Entwicklungen dieser Szene behalten wir im Auge. Und werden unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden halten.
Foto: WIKIPEDIA
Bildbeschreibung:
Schild am Hauseingang eines Anhängers der Reichsbürgerbewegung (mit Abkürzungen von Fantasiebezeichnungen: BRdvD = „Bundesrepublik des vereinten Deutschlands“; JOIe = „Justiz-Opfer-Initiative“; ESt-RJA = „Erfassungsstelle für BRdvD-Regierungskriminalität, Justizverbrechen und Amtsmissbrauch“)