Anwälte aus der Querdenken- und Corona-Kritiker-Szene involviert
Mainz. Mehrere Mitarbeiter des europaweit agierenden Baustoffunternehmens BMI haben sich geweigert, an Corona-Tests für Beschäftigte teilzunehmen und haben damit zeitweise für einen Stillstand in einem Produktionsbereich am Standort Heusenstamm (Landkreis Offenbach) gesorgt. Nach Informationen des Südwestfundfunks (SWR) sahen die 19 Mitarbeiter – gut die Hälfte der Belegschaft einer Alu-Gießerei – in den Anfang Januar stattgefundenen Corona-Tests einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Persönlichkeitsrechte. Daraufhin untersagte BMI den Mitarbeitern den Zutritt zum Betriebsgelände und kürzte zudem Löhne. Bei ihren Klagen auf Beschäftigung vor dem Arbeitsgericht Offenbach werden die Mitarbeiter von Anwälten aus der Corona Kritiker- und Querdenken-Szene vertreten.
Dabei handelt es sich unter anderem um den Anwalt Frank Linzer. Er ist Mitunterzeichner eines im November veröffentlichten Offenen Briefs der “Anwälte für Aufklärung“. In diesem ist von „massiven Verstößen gegen Recht und Gesetz durch Corona-Maßnahmen“ die Rede. Bei einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Offenbach am Mittwoch legte Linzer nach SWR-Informationen ein Attest vor, um im Gericht keine Corona-Maske tragen zu müssen. Dem Unternehmen BMI warf er in seinem Vortrag vor, „Voodoo“ zu verbreiten, wenn es behaupte, Menschen ohne Symptome könnten das Corona-Virus übertragen.
Damit konfrontiert, sagte Linzer dem SWR, er stehe zu dieser Aussage. Letztlich gehe es in den Verfahren darum, ob man Angst vor Menschen habe müsse, die nicht erkrankt seien und ob ein Arbeitgeber das Recht habe, Corona-Tests anzuordnen. In der Verhandlung hatte er zuvor einer Anwältin der Gegenseite eine „Psychose“ unterstellt, weil diese sich kritisch darüber geäußert hatte, dass Linzer im Gerichtssaal keine Maske trug.
Nach SWR-Informationen hat eine weitere Anwältin, die in dem Fall Corona-Test-Verweigerer vertritt, den Offenen Brief der „Anwälte für Aufklärung“ unterzeichnet und ist zudem mehrfach auf Demos der Querdenken-Bewegungen aufgetreten. Dort hat sie laut Internetvideos die Corona-Maßnahmen als „Irrsinn“ bezeichnet. Bei einer Demo im September vergangenen Jahres in Frankfurt/M. sagte sie demnach: „Die epidemische Lage ist sowieso weg“.
Nach Angaben von Bernard Gualdi, Pressesprecher von BMI, hatte das Unternehmen vor Weihnachten verpflichtende und kostenlose Corona-Schnelltests für alle Mitarbeiter an den 18 Standorten in Deutschland beschlossen, die nach den Weihnachtsferien an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten. Seit März vergangenen Jahres versuche man die Sicherheitsstandards „so hoch wie möglich“ zu halten, sagte Gualdi dem SWR. Diese Maßnahmen seien in der Belegschaft gut angekommen. Lediglich in Heusenstamm habe sich eine „isolierte“ Gruppe gebildet, die gegen die Tests sei. „Wir vermuten, dass es ein bis zwei Corona-Leugner in dieser Gruppe gab und sich das dann verselbständigt hat“, sagt er.
Gualdi räumte ein, dass es zeitweise zu „Einschränkungen“ in der Alu-Gießerei gekommen war. In der Produktion habe es einen zweiwöchigen Stillstand gegeben. „Das war eine einschneidende Geschichte. Wir haben versucht, es am Laufen zu halten“, sagte Guadi dem SWR. Lieferengpässe seien dadurch allerdings nicht entstanden. Aktuell laufe der Betrieb wieder zu 60 Prozent.
Laut dem Pressesprecher hat das Arbeitsgericht Offenbach in zwei ersten von den Corona-Test-Verweigerern angestrengten Eilverfahren zugunsten des Unternehmens entschieden. Eine Entscheidung in der Hauptsache steht demnach noch aus. Inzwischen, so der Pressesprecher, seien neun der 19 Corona-Test-Verweigerer in den Betrieb zurückgekehrt und hätten sich nunmehr testen lassen. Der Test müsse nicht zwingend auf dem Betriebsgelände erfolgen, sondern könne auch von einem „Arzt des Vertrauens“ durchgeführt werden.
Quelle: SWR Recherche Unit