Prüfungsergebnis des Bundeswirtschaftsministeriums steht noch aus – Sicherheitsexperte sieht große Risiken für den Standort Deutschland
Mainz. Das Bundeskartellamt hat den Verkauf der Aluminiumhütte Rheinfelden an den russischen Konzern Rusal „fusionskontrollrechtlich“ freigegeben. Man sei nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vorhaben nicht zu einer „erheblichen Behinderung des Wettbewerbs führen würde.“ Nur in diesem Fall hätte das Projekt untersagt werden müssen.
Bei Rusal handelt es sich um einen der weltweit führenden Aluminiumproduzenten, der über Abnehmer in der russischen Elektronik-, Luftfahrtbranche bis hin zur Landwirtschaft verfügt. Mit der Übernahme des deutschen Technologiemarktführers Rheinfelden wird Rusal zu einem der weltweit größten Produzenten von Aluminium und Speziallegierungen in diesem Industriesegment. Doch das Unternehmen ist nicht unumstritten. Es war in die Schlagzeilen der internationalen Presse geraten, weil der kremlnahe russische Oligarch Oleg Deripaska Miteigentümer war. Aus diesem Grund hatten die USA den Konzern auf die Sanktionsliste gesetzt, bis Deripaska 2018 unter internationalem Druck den Verwaltungsrat des Unternehmens verließ.
Der Produktionsstandort des deutschen Traditionsunternehmens in Rheinfelden sei allerdings gesichert, so teilten Vertreter des russischen Konzerns bereits bei Unterschrift der Verträge im Februar mit. Man setze auf den Hochtechnologie-Standort.
Dennoch sehen Sicherheitsberater wie der Frankfurter Kriminaloberrat Klaus-Dieter Matschke die Übernahme durch Rusal noch immer kritisch. KDM war von dem Unternehmen mit der Prüfung des Verfahrens beauftragt worden.
Gegenüber dem SWR führt er aus: „Dies ist der Ausverkauf eines Teils mittelständischer deutscher Hightech-Industrie. Hinzu komme in diesem besonderen Fall, dass das Unternehmen über 70 Patente verfügt, darunter sog. Dual-Use Patente, die also auch militärisch durchaus nutzbar sind. Dieses Wissen fließt jetzt ab nach Russland. Dass der Standort erhalten bleiben soll, ändert nichts an dieser Tatsache. Es ist nun Aufgabe des Verfassungsschutzes in Baden-Württemberg, zu verhindern, dass baden-württembergische Hochtechnologie abfließe. Das Bundeskartellamt hat den russischen Konzern mit seiner Entscheidung endgültig zum Weltmarktführer in der Herstellung spezialisierter Alulegierungen gemacht.“
Das russische Unternehmen weist die Kritik zurück. Man werde selbstverständlich deutsche Gesetze respektieren und auch am Standort weiterhin produzieren. Der Erhalt der noch vorhandenen 200 Arbeitsplätze werde garantiert.
Der Verkauf der Aluminiumhütte Rheinfelden war notwendig geworden, weil die Aluhütte bedingt auch durch die Coronakrise im vergangenen Jahr in Zahlungsschwierigkeiten geriet und im Herbst 2020 ein vorläufiges Insolvenzverfahren beantragen musste.
Der Verkauf der Aluminiumhütte war durch den Konkursverwalter organisiert worden. Die Geschäftsführung des Unternehmens teilt auch die Bedenken des Sicherheitsexperten. Über ihren Anwalt teilt sie mit:
„Die Aluminium-Rheinfelden-Gruppe ist Weltmarktführer für High-Tech- und bei Green-Aluminiumlösungen sowie für Legierungen. Das Knowhow- und IP-Portfolio der Alu-Rheinfelden basiert seit vielen Jahren auf einer starken Forschungsabteilung. Dadurch nimmt die Gruppe auf Liste der fortschrittlichsten Unternehmen in diesem Technologiebereich seit Jahren in Europa den 1. Platz und weltweit den 3. Platz ein. Als Folge die Übernahme der Gruppe durch einen ausländischen Investor droht diese Spitzenposition nun abzufließen und unter Umständen vollständig verloren zu gehen. Der Verlust dieses Knowhows würde auch die Position Baden-Württembergs und damit auch Deutschlands als Innovationsstandort und führende Wirtschaftsnation weiter schwächen und hätte mittelfristig auch unmittelbar Auswirkungen auf die Marktführerschaft der deutschen Automobilindustrie bei modernen und zukunftsweisenden Werkstoffen und Technologien.“ Dieses sei auch der Grund, weshalb derzeit ein deutsches Investorenkonsortium mit Hochdruck daran arbeitet, die Aluminium Rheinfelden-Gruppe aufzufangen, um sie dann zu sanieren und weiter zu entwickeln.
Ob dem Verkauf Sicherheitsbedenken entgegenstehen, prüft derzeit noch das Bundeswirtschaftsministerium.
Quelle: SWR Recherche Unit