Geschäftsführer der Gemeindewerke Haßloch, Dr. Frank Burau, steht Rede und Antwort
Durch die drastischen Kostensteigerungen im Energiebereich (auch an den Tankstellen) sind nicht nur die Haßlocher Bürgerinnen und Bürger mehr als verunsichert, sondern verängstigt, was kostenmäßig in den kommenden Jahren auf sie zukommt. Viele Menschen gehen jedoch derzeit noch unbedarft durchs Leben, weil die steigenden Energiekosten im Heizungsbereich (angekündigt wurde eine drastische Steigerung Anfang des Jahres 2022) erst Ende des Jahres 2022 zu Buche schlagen. Andere, und zwar die sozial Schwachen, wissen heute schon nicht mehr, wie sie ihre Heizkosten bezahlen können. Viele Verbraucher kritisieren die ständig steigenden Strom- und Gaspreise. So mancher hat vor der Abrechnung Ende des nächsten Jahres Angst. Auch kann nicht jeder Verbraucher die ständigen Preiserhöhungen wegstecken. Unsere Redaktion ist daher der Ursache auf den Grund gegangen, da die steigenden Energiepreise niemand kalt lässt.
Nachrichten Regional hat den GF der Haßlocher Gemeindewerke Haßloch, Dr. Frank Burau, nach den Hintergründen befragt. Hier präsentieren wir Ihnen seine Einschätzung
NR:
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation auf dem Energiemarkt?
Dr. Frank Burau:
Die Beschaffungspreise von Strom und Gas sind innerhalb eines Jahres sehr stark gestiegen (Strom: +80%, Gas: +130%). Es sind keine Preisrückgänge in den Beschaffungspreisen erkennbar. Die Preise sind weiterhin auf sehr hohem Niveau und werden nach dem Winter ggf. wieder fallen, aber nicht auf das Niveau wie vor einem Jahr zurückkehren.
NR:
Was sind nach Ihrer Ansicht die Ursachen für die enorme Erhöhungen im Strom- und Gasbereich?
Dr. Frank Burau
Das Energieangebot und die Abnahme passen aktuell nicht zusammen. Es waren in 2021 wenig regenerative Energien verfügbar. Es fehlten auch Transportkapazitäten (Strom von der Ostsee in den Süden). Daher wurde viel konventionelle Energie genutzt. Die Energie wird an der Börse gehandelt. Außerdem sind die Gasspeicher für diese Jahreszeit sehr wenig gefüllt. Das hängt mit den geringen Transportkapazitäten die von Russland gebucht wurden und auch mit den Sanktionen gegen Nordstream2 durch die USA und fehlender Genehmigungen für Nordstream2 durch die EU zusammen. Diese Einflüsse wirken sich alle auf die Börsenpreise für Energie aus. Da wenig regenerative Energien zur Verfügung standen wurde Energie über Gaskraftwerke erzeugt, was durch die hohen Gaspreise auch um Preisanstieg für die erzeugte Energie führte.
NR:
Welche Erhöhungen müssen die GWH und ab wann gegenüber ihren Kunden vornehmen?
Zu den GWH Tarifen Dr. Frank Burau:
Der Strompreis besteht zu 75,3 % aus nicht durch uns beeinflussbare Faktoren (Steuern, Abgaben, Umlagen und Netz- und Messentgelte). Nur 24,7 % der Kosten entfallen auf Beschaffung und Vertrieb und sind damit beeinflussbar.
Strompreisentwicklung
Im Bundesdurchschnitt beträgt der Anteil von Steuern, Abgaben und Umlagen am Haushaltsstrompreis 51,1 % und der Anteil der Netz- und Messentgelte beläuft sich auf 24,2 %. Der Anteil für die Beschaffung und den Vertrieb liegt bei circa 24,7 % (Quelle: BDEW, Stand 11/2021).
Bei diesen verschiedenen Preisbestandteilen sind demnach die Steuern und Abgaben maßgeblich für die Bildung unserer Strompreise die Hauptprämissen. Dabei hat insbesondere die Entwicklung der EEG-Abgabe einen großen Einfluss auf unsere Strompreisentwicklung. Nach jahrelangem Anstieg der EEG-Umlage, hat sich die Höhe zuletzt stabilisiert und ist für das Jahr 2021 sogar leicht gesunken. Für das Jahr 2022 ist die EEG-Umlage von 6,5 ct/kWh auf 3,723 ct/kWh gesunken.
Weiterhin sind unsere Beschaffungspreise wichtig für die Strompreisbildung. Mit unserer risikoaversen Beschaffungsstrategie können wir Preisschwankungen am Markt über einen längeren Beschaffungszeitraum glätten. Seit Anfang 2021 sind die Strompreise für die Beschaffung am Markt allerdings sehr deutlich gestiegen: Preissteigerung von ca. 80%!

Abbildung 1: Preisverlauf Strom (Quelle: BDEW)
Diese Preisentwicklung am Beschaffungsmarkt sowie die höheren Kosten für die Netznutzung (wegen Netzentgeltmodernisierungsgesetzes (Nemog)) führen zu einem Preisanpassungsdruck für unsere Stromtarife für das Jahr 2022. Daher erfolgt eine Anpassung des Strompreises um +0,42 ct/kWh (netto) = +0,5 ct/kwh (brutto) ab 1.1.2022.
Diese Marktpreisentwicklung wird nach unserer Einschätzung auch die anderen Versorger betreffen. Besonders Versorger mit einer kurzfristigen Beschaffungsstrategie werden einen hohen Druck zur Preisanpassung haben. Einige der Versorger, die kurzfristig beschaffen, haben schon Insolvenz angemeldet.
Gaspreisentwicklung
Seit dem Jahr 2013 wurden die Gaspreise der Gemeindewerke Haßloch GmbH mehrfach gesenkt. In Summe betrug die Preissenkung circa 1,0 ct/kWh bis Ende 2018. Aufgrund von Kostensteigerungen in der Beschaffung, wegen gestiegenen Marktpreisen, mussten die Gaspreise zum 01.01.2019 um 0,7 ct/kWh angepasst werden. Im Jahr 2020 blieben die Preise stabil. Zum 01.01.2021 wurden die Preise aufgrund der neuen CO2-Abgabe um 0,2 ct/kWh erhöht. Der damalige Preisanpassungseffekt aus der Einführung der CO2-Abgabe betrug 0,5 ct/kWh und konnte durch verbesserte Beschaffungskonditionen zum Teil von den Gemeindewerken kompensiert werden.
Die CO2-Abgabe wird anhand eines CO2-Preises berechnet. Die CO2-Abgabe beträgt für 2022 0,55 ct/kWh (netto) = 0,66 ct/kWh (brutto). In den Folgejahren wird die CO2-Abgabe weiter ansteigen.

Abbildung 2: Preisverlauf Gas (Quelle: BDEW)
Seit Anfang 2021 sind zudem die Preise am Beschaffungsmarkt sehr deutlich gestiegen. Das Gaspool (GPL) Frontjahr legte im Vergleich zum Jahresanfang ordentlich zu und stieg um über 130 Prozentpunkte nach oben. Das heißt am Beschaffungsmarkt kam es seit Anfang 2021 zu einer Verdoppelung der Gaspreise. Weiterhin haben sich die Netzentgelte leicht erhöht.
Die GWH passt die Gaspreise daher zum 1.1.2022 um +0,3 ct/kwh (netto) = +0,36 ct/kwh (brutto) an.
Aufgrund dieser Entwicklungen ist vermutlich die gesamte Branche gezwungen die Gaspreise im Jahr 2022 anzupassen. Auch hier haben Versorger mit kurzfristiger Beschaffungsstrategie bereits Insolvenz angemeldet. Manche Versorger nehmen auch keine Neukunden mehr auf.
NR:
Bis zu welchem Zeitpunkt können die neuen Tarife garantiert werden?
Dr. Frank Burau:
Unsere Preise bleiben für Tarifkunden bis 31.12.2022 stabil.
NR:
In Deutschland gibt es viele Energieanbieter. Wie ordnen Sie bei dieser großen Konkurrenz die Gemeindewerke ein?
Dr. Frank Burau:
Aus Haßloch – Für Haßloch ist unser Motto.
Dem Vergleich mit anderen Anbietern in unserem Vertriebsgebiet stellen wir uns gerne. Als Gemeindewerke Haßloch GmbH (GWH) wollen wir nicht nur unsere Kunden mit Energie beliefern sondern auch zusammen die Region voranbringen. Im Gegensatz zu den anderen nicht regionalen Anbietern bieten wir unseren Kunden und unserem Vertriebs- und Netzgebiet viele Vorteile:
Die GWH versorgt die gesamte Gemeinde seit über 100 Jahren mit Energie, zudem stärkt sie den Arbeitsmarkt sowie die lokale Wirtschaft, denn 51 Cent von jedem Euro für Strom, Erdgas oder Trinkwasser bleiben in Haßloch. Außerdem fungieren die GWH in Haßloch in vielfacher Hinsicht wie eine Art Wirtschaftsmotor, denn sie schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze, wirken als Innovationstreiber, fördern den Klimaschutz und vieles mehr, denn sie sind
Klimaschützer: Die GWH versorgen Haßloch mit 100% Ökostrom. Dadurch bleiben der Atmosphäre pro Jahr mehr als 14.000 Tonnen CO2 erspart. Außerdem plant die‘ GWH mit dem Programm „Daheim solar“ Photovoltaikanlagen in Haßloch und sorgt für ausreichend Ladeinfrastruktur für E-Mobilität.
Kulturförderer: Die GWH unterstützen Schulen, Kindergärten und Kitas vor Ort. Auch ortsansässige Vereine werden von der GWH mit Sponsoring, Spenden und Aktionen gefördert. Das Gemeinwohl in Haßloch liegt den GWH am Herzen – und das merken die Menschen jeden Tag.
Steuerzahler: Die GWH tragen mit Gewerbe-, Umsatz- und sonstigen Steuern zu ausgeglichenen Haushalten bei. In Haßloch, im Land und im Bund.
Modernisierer: Die GWH setzen auf Nachhaltigkeit. Über Projekte mit regenerativer Energie aus Wind-, Wasser- und Sonnenkraft wurden bereits über 3 Mio. Euro in die Region investiert. Die GWH stehen für regionalen Umwelt- und Klimaschutz.
Arbeitgeber: Über 250 Arbeitsplätze in Haßloch hängen direkt oder indirekt an der Wirtschaftskraft der GWH. So tragen alle Kundinnen und Kunden mit dem Begleichen ihrer GWH-Rechnung zur Produktivität in Haßloch bei. Das Geld fließt also nicht nach irgendwo, sondern es bleibt in der Gemeinde vor Ort.
Grundversorger: Die GWH übernimmt in ihrem Netzgebiet die Daseinsvorsorge und versorgt alle Kunden in unserem Netzgebiet mit Energie.
Jeder Haushalt hat einen Anspruch auf Grundversorgung. Diese wird in unserem Netzgebiet von den Gemeindewerken als Grundversorger geliefert. Grundlage bildet die Stromgrundversorgungsverordnung. Diese gesetzliche Grundlage und genaue rechtliche Bedingungen sind auf der Seite der Bundesnetzagentur zu finden.
Zudem stellt der Grundversorger auch die Ersatzversorgung sicher, die zum Tragen kommt, falls ein anderes Energieunternehmen (Drittanbieter) insolvent geht oder zum Beispiel auch ihren Kunden kündigt.
Endlich werden alle Bürger und Bürgerinnen der Gemeinde Haßloch durch die GWH abgesichert.
Die GWH Tarife sind preislich und inhaltlich sehr attraktiv. Bei den Vergleichsportalen sind wir nicht vertreten. Wenn man vergleicht sind wir bei Strom (3500 kWh) und Gas (15000 kWh) seit den Preisanpassungen beim Arbeitspreis und Grundpreis unter den ersten drei Anbietern.
Außerdem bieten wir unseren Kunden seit November ein Biogas-Produkt mit 10% Biogasbeimischung an, was sehr gut angenommen wird.
NR:
Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels? Was muss passieren, damit den Bürgern in Deutschland wieder tragbare Tarife angeboten werden können?
Dr. Frank Burau:
Erste Maßnahme durch die Bundesregierung wurde mit der Senkung der EEG-Umlage zum 01.01.2022 eingeleitet. Eine komplette Abschaffung der EEG-Umlage durch die Bundesregierung ist geplant bzw. in Diskussion. Weitere Maßnahmen hat der designierte Finanzminister Christian Lindner angekündigt (steuerliche Entlasungen, etc.)
Die Preise werden sich unserer Meinung nach nicht wieder auf das Niveau von Anfang 2021 begeben.

