Aktivisten in Ravensburg gehen gegen Armut vor – Haßlocher Lebensmittelretter verteilen unkontrolliert
Die Gesellschaft ist im Wandel. Alleine Corona und der Ukraine-Krieg hat die Menschheit verändert. Und die Politik sollte sich darüber Gedanken machen, wie sie die neue Armut in unserem Lande in den Griff bekommen will. Bürgerinnen und Bürger, die viele Entscheidungen der Politik nicht mehr nachvollziehen können, werden zu Aktivisten. Sie versuchen, durch Demos die Öffentlichkeit auf Missstände aufmerksam zu machen. Viele dieser Demonstranten protestieren gegen die Unfähigkeit der Politik und werden deshalb als Querulanten und Querdenker abgestempelt. Und viele dieser Personen landen deshalb auch unberechtigt vor Gericht. Das ist nicht nur in Ravensburg so, sondern auch im Amtsgerichtsbezirk Neustadt/Frankenthal.
Gerade in Ravensburg sind die Aktivisten besonders aktiv. Sie klettern auf Bäume, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen. Und sie retten abgelaufene Lebensmittel aus Müllcontainern von Einkaufsmärkten, um sie an Arme zu verteilen. Doch „Containern“ ist laut Gesetz eine Straftat, das sagt die Ravensburger Staatsanwaltschaft. Dieser wurde laut Schwäbischer Zeitung vom 14.09.2022 vorgeworfen, unbarmherzig, verbiestert oder sogar verbittert gegen diese Aktivisten vorzugehen. Dies sei von dem Leitenden Oberstaatsanwalt Alexander Boger mit Entschiedenheit zurückgewiesen worden, heißt es weiter. In der weiteren Berichterstattung der Schwäbischen war zu lesen, dass Rechtsanwalt Klaus Schulz, der einige Aktivisten juristisch vertritt, geäußert habe, dass die Ravensburger Staatsanwaltschaft seine Mandanten besonders wegen ihren Aktivitäten auf dem „Kicker“ habe. Wegen der Geringfügigkeit seien solche Handlungen nicht strafrechtlich zu verfolgen. Immerhin gilt in unserem Lande noch das freie Versammlungsrecht. Auch im Raum Haßloch/Neustadt/Frankenthal ist das so. Unsere Redaktion hatte bereits am 31.07.2022 ausführlich darüber berichtet,
Kritisiert wird von Ravensburger Bürgern, dass jugendliche Aktivisten beim Retten von abgelaufenen Lebensmitteln, dem sogenannten „Foodsharing“, nunmehr bestraft wurden, nur weil sie diese an Arme verteilt haben. Kein Verständnis für die Bestrafung habe auch Rechtsanwalt Schulz.
Um der Sache in Bezug auf die Lebensmittelrettung im Raum Ravensburg auf den Grund zu gehen, hat NACHRICHTEN REGIONAL eine Presseanfrage an die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Ravensburg, Frau Weiss, mit folgenden Fragen gerichtet, die Antwort steht noch aus:
- Ist es sinnvoll, dass Jugendliche, die beim Containern erwischt werden, derart hart bestraft werden müssen?
- Wäre es sinnvoll, für die Lebensmittelrettung oder Foodsharing eine Gesetzgebung zu schaffen?
- Die Staatsanwaltschaften sind doch schon lange durch derartige unberechtigte Strafanzeigen personell überlastet. Würde die Politik die richtigen Gesetze schaffen, würde dies doch auch die Staatsanwaltschaften erheblich entlasten. Wie sehen Sie das aus Sicht der Justiz?
- Alle Jugendlichen und Bürger, die sich aktiv gegen Ungerechtigkeiten In unserer Gesellschaft öffentlich einsetzen, werden gerade von der Staatsanwaltschaft mit Argusaugen beobachtet. Dazu zählt auch die Ausübung des Demonstrationsrechts, das in einem demokratischen Staat möglich sein sollte? Warum geht man gegen solche Personen mit solch einer Härte vor, die eigentlich nur die Demokratie in unserem Lande erhalten wollen?
- War es nicht auch vor der Weimarer Republik so, dass viele Menschen wegen solcher Ungerechtigkeiten vom Staat auf die Straße gingen? Die Geschichte der Weimarer Republik lässt sich nach der Gründungsphase in drei Abschnitte gliedern. In den Krisenjahren von 1919 bis 1923 hatte die Republik mit den unmittelbaren Kriegsfolgen, einer Hyperinflation sowie zahlreichen Umsturzversuchen und politischen Morden zu kämpfen. Könnten durch den Ukraine-Krieg ähnliche Entwicklungen auf unser Land wieder zukommen?
Die Lebensmittelrettung, Foodsharing und das Containern sind sensible Themen, mit denen sich die Politik bis heute nicht wirklich befasst hat. Das ist im Ravensburger Raum so, aber auch im Großdorf Haßloch. Jugendliche, die noch essbare Lebensmittel, die in den Supermärkten nicht mehr angeboten werden können und in der Tonne landen, an arme Menschen verteilen, wurden bei den Gerichten wegen Diebstahls verurteilt.
Andere hingegen, und zwar in Haßloch, die sich Lebensmittelretter nennen und sich als Verteiler die eigenen Kühlschränke vollstopfen, lässt man gewähren. Da es bei Foodsharing oder der Lebensmittelrettung kein Regelwerk gibt, läuft gerade in Haßloch Vieles schief. Eine Person, die in Haßloch die Verteilung der Lebensmittel vornimmt, soll – nach neuesten Hinweisen – die beste Ware vor der Verteilung aussortieren – so wie in einem Selbstbedienungsladen. Bevorzugt werde auch der Freundeskreis damit bedient. Nur der Rest der Lebensmittel lande vor dem Eingangstor, zum Teil auch verderbliche Lebensmittel, die eigentlich im Kühlschrank aufzubewahren sind.
Einige Hinweise hat unsere Redaktion zum Anlass genommen und ist daher der Sache nachgegangen. Erfahren konnten wir in diesem Zusammenhang, dass die Haßlocher Lebensmittelretter weiterarbeiten wollen. Ob organisatorische Maßnahmen mit den liefernden Supermärkten getroffen wurden, kann derzeit nur vermutet werden. Wir bleiben auf jeden Fall am Ball und werden unsere Leserinnen und Leser auf dem Laufenden halten.