von Stefan Pohlit
„Wir machen Zukunft.“ Unter diesem Motto tagten die Mannheimer Jusos am vergangenen Montag, 18. März, im Saal der Jüdischen Gemeinde Mannheim zur Jahreshauptversammlung. Im Beisein des scheidenden Kreisvorsitzenden, Jacob Waiß, wurde ein neuer Vorstand gewählt. Prominenz war zahlreich vertreten, so die Sprecherin für Bürgerbeteiligung im Stadtrat, Prof. Dr. Heidrun Deborah Kämper, die Bürgermeisterin für Bildung, Kinder, Jugend und Gesundheit, Dr. Ulrike Freundlieb, und der designierte Oberbürgermeister von Wertheim, Markus Herrera Torrez. Einzig der angekündigte Mannheimer OB, Dr. Peter Kurz, war infolge eines Sportunfalls verhindert. Als Ehrengast des Abends appellierte Ministerpräsident a. D. Kurt Beck mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für die Einheit Europas und eine sozial-ökologische Wende. Bei den Kommunal- und Europawahlen am 26. Mai 2019 sieht sich die Mannheimer SPD vielerlei Herausforderungen gegenüber: Gleichauf mit der CDU, stellt sie im aktuellen Gemeinderat lediglich 13 von 48 Mandaten – umgeben von acht weiteren Parteien, darunter der NPD. – Im Hinblick auf innen- und außenpolitische Spannungen erinnerte Ralf Eisenhauer, Fraktionsvorsitzender der SPD im Stadtrat, nicht von ungefähr an jenen Kurfürsten Karl-Ludwig, der Mannheim Mitte des 17. Jahrhunderts als Vielvölkerstadt ausrief, die „alle ehrlichen Leute aus allen Nationen“ willkommen heiße. Zur selben Zeit trafen die ersten jüdischen Familien ein; Gastgeber Majid Khoshlessan, 1. Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde, betonte diesbezüglich die historische Nähe des deutschen Judentums zur Sozialdemokratie. Mit den Worten „Mazel tov (mögest Du leben) bis 120!“, gratulierte er Kurt Beck, dem Ehrengast des Abends, zum kürzlich begangenen 70. Geburtstag. Der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, von 2006 bis -08 auch Bundesvorsitzender der SPD, war in seiner Funktion als Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung für ein Grußwort angereist. Bedauernd zog er im Zeitalter von „Nationalismus, Egoismus und Ausgrenzung“ Parallelen zur Weimarer Republik, die, von innen ausgehöhlt, im bis dahin schlimmsten Verbrechen unterging. Die anhaltende Bedrohung durch nukleare Katastrophen, Mauern und Stacheldraht habe seine Jugend tief geprägt. Die SPD sei damals als erste politische Kraft für Abrüstung eingetreten und habe mit dem Abflauen des Kalten Kriegs die Vision der „Vereinigten Staaten von Europa“ begründet. „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts“, habe Willy Brandt gesagt. Die Hoffnung dieser „wunderbaren Jahre“ sei inzwischen in der Angst vor globaler Zerstörung verflogen, das Vertrauen in internationale Übereinkunft einem „skalenlosen Kapitalismus“ gewichen. Kursichtig sei die Forderung von Populisten, die darauf abzielen, jene mühsam errichteten Brücken wieder einzureißen: Sehe man einmal über die Grenzen Deutschlands hinaus, so könne in einer globalen Wirtschaft – eingezwängt zwischen Großmächten – nur ein geeintes Europa bestehen. Diese Einsicht lasse aber nur einen Schluss zu: „Ohne Zusammenhalt, ohne Dialogbereitschaft geht es nicht!“ Inmitten von Ausbeutung und Mietwucher hob Beck die Bedeutung der Solidarität hervor. Die Umstrukturierung zugunsten einer nachhaltigen Industrie sei ebenso unumgänglich wie ein Modell, das die Gewinne arbeitender Bürgerinnen und Bürger wieder in die Gesellschaft zurücklenke. Eine Politik, die Renten und Mindestlöhne weiter herunterschraubt, beruhe auf einer unfassbaren Argumentation, solange sie von internationalen Konzernen nicht umgekehrt deren Beitrag fordere: „Gerecht“ zu handeln bedeute, es auch „sozial gerecht“ zu tun. So mahnte Beck seine jungen Genoss(inn)en zu Glaubwürdigkeit und wachsamem „Dahinterleuchten“. Der bisherige Kreisvorsitzende der Jusos, Jacob Waiß, griff diese Thematik auf, indem er die SPD an der Spitze einer „sozial-ökologischen Wende“ verankerte. Als neue Führung wählten die Mannheimer Jusos Katharina Vasilakis und Titus Tobias Heyme, die sich das Amt teilen werden.