Uneinheitliche Vorgaben schaden dem ehrenamtlichen Engagement
Die Corona-Pandemie hat die Menschen nicht nur depressiv und psychisch krank gemacht. Sie hat auch dem Ehrenamt von Selbsthilfegruppen großen Schaden zugefügt. Dies resümiert die Leiterin der Haßlocher Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ Karin Hurrle, die es schon mehr als zehn Jahre Menschen mit Depressionen und psychischen Erkrankungen ermöglicht, sich zum Erfahrungsaustausch zu treffen, um präventiv zu arbeiten. Vom Gesundheitsamt Neustadt sei sie als Leiterin vor Kurzem darüber informiert worden, dass sich inzwischen die Nachfragen bei der Behörde wegen solcher Treffpunkte häufen. Gerne würde das Gesundheitsamt weitervermitteln, wenn die Gruppentreffen in Haßloch wieder stattfinden könnten. Da die geplanten Aktivitäten der Haßlocher Selbsthilfegruppe wegen Corona ausfallen mussten, können die ergotherapeutischen Maßnahmen, die zur Genesung der Betroffen beitragen und die Gesundheit fördern, derzeit nicht durchgeführt werden. Auch die Räumlichkeiten der Gemeinde Haßloch stehen während dieser Zeit für die Gruppentreffen nicht mehr zur Verfügung. „Auch wenn zwischendurch immer wieder Lockerungen angesagt werden, sind viele Menschen verunsichert und kommen deshalb nicht zu den Treffen“ bedauert Karin Hurrle. „Sie haben Angst, dass sie sich beim Gruppentreffen anstecken“.
Karin Hurrle als Leiterin der Gruppe kritisiert die uneinheitlichen Vorgaben, die inzwischen weder Betroffene, noch der Rest der Bevölkerung verstehe. So habe sie am 09.11.2020 ein Rundschreiben vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Demografie erhalten, wonach die Zulässigkeit der Treffen von Selbsthilfegruppen, nach Bewertung des Einzelfalls möglich ist. Eine Zulässigkeit komme nach § 6 Abs. 3 der 12. Corona-Bekämpfungsverordnung (CoBeLVO) in Betracht, heißt es. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sich die Selbsthilfegruppen der Prävention oder der Rehabilitation zum Ziel gesetzt habe. Dabei wurde auf § 20h Abs. 1 SGB V verwiesen. Es wurde wie folgt weiter argumentiert: „Selbsthilfegruppen sind lokal oder regional gebildete Zusammenschlüsse von Menschen, die von Krankheit bedroht oder betroffen sind, deren gesundheitliche, psychische und/oder soziale Folgen sie gemeinsam bewältigen wollen (Schütze in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 20h SGB V (Stand: 15.06.2020), Rn. 12). Dabei ist die Förderung durch die gesetzliche Kranken- bzw. Rentenversicherung alleine nicht entscheidend“. Soll heißen: Selbsthilfegruppen, die präventiv arbeiten, dürfen sich in der Gruppe treffen.
Karin Hurrle bedauert solche Entscheidungen, die die Menschen noch mehr verunsichere. „Dass es die Politik bis heute nicht fertig gebracht hat zu kommunizieren, warum sich Betroffene mit gesundheitlichen Einschränkungen in Gruppen treffen dürfen, die präventiv miteinander arbeiten, auf der anderen Seite Familienmitglieder nicht treffen dürfen, die
nicht gesundheitlich eingeschränkt sind“. Es könne derzeit lediglich festgestellt werden, dass die neuen Corona-Verordnungen zur Vereinsamung älterer Menschen führe, bei jungen Menschen könne man vermehrt Aggressionen und psychischen Erkrankungen feststellen. „Unser Land triftet ab von der Demokratie und ist deshalb gesellschaftlich gefährdet“, sagt Karin Hurrle.
Näheres über die Selbsthilfegruppe „Lebensfreude“ kann man auf www.lebensfreude-selbsthilfe.de oder unter Tel.Nr. 06324/981504 und 0170/2784 150 erfahren.