Gesprächsrunde mit den beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Johannes Fechner und Ruppert Stüwe
Heute fand ein Besuch der Vorsitzenden des Vereins ANUAS e.V., Marion Waade mit ihren Unterstützern im Deutschen Bundestag statt. Zur Gesprächsrunde wurden die Teilnehmer von den beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Johannes Fechner und Ruppert Stüwe eingeladen. Unter den Nägeln brannten der Gruppe die Themen Opferrechte, Opferschutz und die grundlegenden Erkenntnissen zur Umsetzung der Gesetzgebung in Deutschland, was sie bei den beiden Abgeordneten loswerden wollten. Erfreulich wurde von allen Anwesenden zur Kenntnis genommen, dass ANUAS Gehör geschenkt wurde.

Unterstützung in dieser Fragestellung erhielt die Vorsitzende Waade von Dr. Dr. h.c. Michael Kilchling, Wissenschaftlicher Berater des Max Planck Instituts Freiburg, der den Abgeordneten die Defizite aus der Perspektive der viktimologischen Forschung aus seiner Sicht darlegte und die Rechtsgrundlagen und Forschungsergebnisse zu Opferrechten erläuterte. Auch Wolfgang Schlupp-Hauck, ehemaliger Vorsitzender der BAG Täter-Opfer-Ausgleich, trat am heutigen Vormittag als Unterstützer von ANUAS auf und warb bei den Bundestagsabgeordneten dafür, Möglichkeiten der Restorative Justice für Angehörige von Tötungsdelikten auszubauen. Er erklärte, dass es eine wichtige Aufgabe für eine Gesetzgebung im Bundes sei, und sich dieser Thematik deshalb auch annehmen sollte.

Positiv wurde von allen anwesenden Gruppenmitgliedern während der Gesprächsrunde gewertet, dass die Anregungen von Marion Waade und ihrem Team sowohl von dem SPD-Abgeordneten Fechner, als auch Stüwe ernst genommen wurden. Ihre Ideen formulierte sie wie folgt: 1.) Anerkennung des Opferstatus der direkten Opfer sowie deren Angehörigen, so wie dies die EU-Richtlinie vorschreibt 2.) Gleichstellung aller Opfer einschließlich Terroropfer auf dem Breitscheidplatz in Berlin sowie weiterer Katastrophenfälle 3.) Bemühungen zwischen Täter und Opfer herstellen, um im Rahmen der Restaurativen Justiz eine Verpflichtung der Wiedergutmachung zu erreichen 4.) Finanzierung der Projekte durch gesundheitliche Chancengleichheit für Angehörige gewaltsamer Tötung schaffen, da laut SGB V 20 auch Angehörige einen Anspruch auf gesundheitspräventive Projektförderung durch die Krankenkassen haben.
Am Ende des morgendlichen Austausches äußerte SPD-Abgeordneter Fechner, dass er sich ein Modell-Projekt nach den Ideen von Marion Waade vorstellen könne. Er bat sie darum, nochmals einen konkreten Vorschlag mit Lösungsansätzen den beiden SPD-Politikern zu unterbreiten. Dieses Versprechen nahmen alle Anwesenden als positives FAZIT dieser Gesprächsrunde mit auf den Nachhauseweg.
Um was ging es ANUAS und ihren Unterstützern in dieser Gesprächsrunde?
Seit Mitte der 1980er Jahre wurde in nahezu jeder Legislaturperiode mindestens ein Gesetzespaket beschlossen, das den Bestand der Opferrechte jeweils deutlich erweitert hat. Positiv hervorzuheben ist dabei zum einen, dass in diesem Segment der (Rechts-) Politik, jedenfalls in wesentlichen Fragen, über Parteigrenzen hinweg ein recht weitreichender Konsens festzustellen ist. Zum anderen greift die Gesetzgebung bei den opferbezogenen Reformschritten in der Regel deutlicher als in anderen Bereichen der Kriminalpolitik Erkenntnisse aus der juristischen, soziologischen, kriminologischen und viktimologischen Forschung auf. Gleichwohl weisen die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen für Opfer von Straftaten weiterhin eine Reihe von Defiziten auf, die Betroffenen Erschwernisse und Belastungen aufbürden, die die Verarbeitung der Straftat und die Überwindung ihrer Folgen verzögern, diese im schlimmsten Fall sogar perpetuieren können. Sie sind ein gewichtiger Faktor der sog. Sekundären Viktimisierung.
Im Gegensatz zu den Aktivitäten der Vorgängerregierungen sieht der Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode keine umfassenden opferbezogenen Reformschritte vor. Das ist im Hinblick auf eine Vielzahl von strukturellen und konzeptionellen Defiziten zu kritisieren. Durch entsprechende Initiativen aus dem Bundestag heraus könnten und sollten gleichwohl weitere Reformen angestoßen werden. Mitunter ergeben sich in der Praxis auch aus Defiziten in der Ausformulierung einzelner Rechtsvorschriften sowie daraus folgender (Miss-) Interpretation durch die Rechtsprechung.
Es wird noch nachberichtet.