eine gute Stimmung herrscht bei der Belegschaft des Ludwigshafener Großkonzerns ICL, einem israelischen Chemieunternehmen, vormals BK Giulini. Denn das Unternehmen will sechs seiner Bereiche verkaufen. Von den 600 Mitarbeitern der Standorte Ludwigshafen und Ladenburg wären 500 Beschäftigte von den Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen, denn auch die Dienste Einkauf und Finanzen soll nach Amsterdam ausgelagert werden. Dort ist ICL eines von vier, die weltweit innerhalb von Europa die Funktionen Finanzen, Beschaffung, Personalmanagement, Rechtsaufgaben und Informationstechnik übernehmen werden. Dass deshalb einige Arbeitsplätze an den beiden Standorten Ludwigshafen und Ladenburg zugegebenermaßen wegfallen würden, leugnet Stefan Borgas nicht. Dagegen protestierten die Beschäftigten auf dem Betriebsgelände. ICL-Betriebsrat Georg Selinger hatte zu diesem Protest am 5. Mai aufgerufen.
ICL-Chef Borgas verteidigte vor einigen Journalisten bei einem Pressegespräch den Verkauf der sechs Geschäftsbereiche, weil diese nach seiner Meinung nicht in das Kerngeschäft, die Düngemittelproduktion, passen. Obwohl in den sechs Sparten meist gute Resultate erzielt worden sind, verkündete Borgas den Verkauf als positive Unternehmensstrategie. ICL untersuche derzeit, bessere Besitzer zu finden, was zurzeit vom Konzern analysiert werde. Ein Ergebnis werde aber erst in circa vier Wochen erwartet. Dass die Firmenleitung den Betriebsrat erst sehr spät von seinen Umstrukturierungsmaßnahmen informiert habe sei eine Tatsache, die nicht nur den Betriebsratsvorsitzenden Georg Selinger ärgere, sondern auch die vielen Mitarbeiter, die sich gegen diese Unternehmenskultur wehren. Denn sie befürchten, dass viele Arbeitsplätze an den beiden Standorten Ludwigshafen und Ladenburg durch diese Maßnahmen verloren gehen.
Betroffen vom Verkauf sind die Bereiche Pharma-Kosmetik, Aluminium-Salze, Wasserbehandlung, Gips, Kunststoff für Schuhproduktionskappen sowie Chemikalien für die Papierherstellung, die nach Meinung von Stefan Borgas nicht ins Kerngeschäft von ICL passen. Dagegen will man das Düngemittelgeschäft des Konzerns ausbauen. Am Standort Ladenburg soll der Geschäftsbereich Phosphat mit derzeit 400 Mitarbeitern ausgebaut und um 30 weitere Beschäftigte aufgestockt werden. Dort soll auch die Forschung für den europäischen Teil des Lebensmittelzusatzgeschäftes angesiedelt werden. Betriebsratsvorsitzender Georg Selinger hat hier große Bedenken. Er sieht in der ICL-Strategie eine dauerhafte Schwächung der beiden Produktionsstandorte. Er lehne daher die Entscheidung eines Verkaufs ab und fordert zukunftsfähige Konzepte von der Konzernleitung, um die Arbeitsplätze der Mitarbeiter an den Standorten zu sichern. Alleine durch die Verlagerungen von Personal und Finazen nach Amsterdam blute der Standort Ludwigshafen aus, ist sich Selinger sicher.
Stefan Borgas ist bei den Ludwigshafener Mitarbeitern gefürchtet, er ist ein Sanierer, koste es was es wolle. Er hat zwar seinen Job bei dem Schweizer Unternehmen LONZA unter sehr unrühmlichen Umständen verlassen müssen, hat dafür allerdings eine stattliche Abgangsentschädigung von 3,3 Millionen Franken kassiert. Er war nicht umsonst 14 Jahre in den USA in Führungspositionen, wo er Umstrukturierungsmaßen in dieser Größenordnung sicherlich gelernt hat.
Daher ist so gut wie sicher: Stefan Borgas wird die Israelischen Unternehmensziele in Ludwigshafen erreichen müssen, sonst muss er gehen. Denn Israel Chemicals (ICL) gerät in eine finanziellen Schieflage, wenn er die sechs zu veräußernden Geschäftsbereiche nicht gewinnbringend abstoßen kann. Potash Corp of Saskatchewan, die 14 % Anteile bei ICL hält und größter Kaliproduzent weltweit ist, hat seine Übernahmepläne für Israel Chemicals aufgrund des starken Widerstandes in Israel aufgegeben, da es dem Unternehmen an Verständnis und an der nötigen Investitionssicherheit im Mittelmeerraum fehle. Der Konzern muss sich nun neue Wege suchen, um seine Lieferungen nach Asien auszuweiten. Diese weitreichenden Entscheidungen wirken sich natürlich auch auf die Standorte Ludwigshafen und Ladenburg aus.
Borgas will aber nicht nur sechs Geschäftsbereiche verkaufen, er will auch die Standortinfrastruktur in Ludwigshafen mit eigenem Hafen, Straßen, Lager und Standortschutz an ein spezialisiertes Unternehmen verkaufen, welches in die Infrastruktur investieren will. Auf dem ICL-Werksgelände sind noch weitere Unternehmen angesiedelt. Borgas sieht hier ebenfalls signifikante Verbesserungen, jedoch sind auch hier 100 Mitarbeiter beschäftigt, die bei einem Verkauf davon betroffen sind. Wie lange die Unstrukturierungsmaßnahmen in Ludwigshafen dauern, wird davon abhängen, wie lange Stefan Borgas braucht, die Konzernziele zu erreichen. Auch wird sich das Unternehmen orientieren müssen, wohin sich die Aktien im Düngemittelmarkt weltweit bewegen. Abhängig davon werden auch die Lieferverträge nach China, Indien, die USA und mittlerweile auch nach Brasilien sein, wovon sich auch ICL einen Marktanteil verspricht.